magisterarbeit von johanna zigan - Hochschularchiv der RWTH ...
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Der Wandel <strong>der</strong> Kriegsideologie<br />
Doch es war <strong>der</strong> Einsatz <strong>der</strong> Luftkriegsinstrumente, die beson<strong>der</strong>s offensichtlich den Krieg<br />
<strong>von</strong> <strong>der</strong> Front auch ins Landesinnere trugen. „Wir besitzen in den neuesten<br />
Zeppelinschiffen ein Kriegswerkzeug, das allen ähnlichen unserer Gegner weit überlegen<br />
ist und das in absehbarer Zeit auch nicht nachgemacht werden kann, wenn wir an seiner<br />
Vervollkommnung mit Energie arbeiten. Dazu gehört seine beschleunigte Ausgestaltung<br />
als Kampfmittel, das uns instand setzen wird, bei Beginn des Krieges einen ersten und<br />
wirksamen Schlag zu tun, dessen tatsächliche und moralische Wirkung eine ganz<br />
außerordentliche sein kann." 18 Mit dieser Äußerung leitete Moltke 19 die Debatte über die<br />
Auswirkungen eines Bombenangriffs aus <strong>der</strong> Luft auf die Zivilbevölkerung ein. „In<br />
„mo<strong>der</strong>nen Kriegen“ war (und ist) aus <strong>der</strong> Sicht <strong>von</strong> Militärs und Politikern eine Trennung<br />
<strong>von</strong> „Front und Heimat“ aufgrund <strong>der</strong> wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen<br />
Verflechtungen sinnlos. Die im Hinterland produzierten Waffen ermöglichen die<br />
Kriegführung, die Verkehrsanlagen sichern den Nachschub und den Güteraustausch<br />
zwischen den Industriegebieten, während die Zivilbevölkerung in den Städten den<br />
politischen und gesellschaftlichen Rückhalt <strong>von</strong> kriegführenden Regierungssystemen<br />
bildet.“ 20 Ein Angriff auf Versorgung und Produktionsstätten des Feindes zog so<br />
unweigerlich auch die Bevölkerung in Mitleidenschaft. Dies bedeutete den Bruch eines<br />
Tabus: denn zuvor blieb <strong>der</strong> Krieg auf den Schlachtfel<strong>der</strong>n und berührte die<br />
Zivilbevölkerung nur peripher.<br />
Mit zunehmen<strong>der</strong> Industrialisierung und Technisierung des Krieges wandelten sich auch<br />
die Wert- und Moralvorstellung in <strong>der</strong> Kriegsführung. „Tatsächlich hat sich in den letzten<br />
Jahrzehnten [des zwanzigsten Jahrhun<strong>der</strong>ts] ein fundamentaler Wandel des<br />
Kriegsgeschehens vollzogen, in dessen Mittelpunkt das allmähliche Verschwinden jener<br />
Staatenkriege steht, die die europäische Geschichte über Jahrhun<strong>der</strong>te bestimmt haben.<br />
Dieses Verschwinden des Staatenkrieges hat zeitweilig zu <strong>der</strong> Vorstellung geführt, die<br />
Geschichte des Krieges sei überhaupt an ihr Ende gelangt. Aber tatsächlich ist nur <strong>der</strong><br />
zwischenstaatliche Krieg angesichts seiner immensen Kosten und <strong>der</strong> in Relation dazu<br />
bescheidenen Ergebnisse zum historischen Auslaufmodell geworden, und an seine Stelle<br />
ist ein neuer Typus des Krieges getreten, <strong>der</strong> sich durch eine weitgehende Entstaatlichung<br />
18<br />
GROEHLER, Olaf: Geschichte des Luftkriegs 1910-1970. Berlin (DDR) 1975, S. 11f. (Im Folgenden als<br />
GROEHLER abgekürzt.)<br />
19<br />
Generaloberst Helmuth <strong>von</strong> Moltke (25.05.1848-18.06.1916) war Neffe <strong>von</strong> Helmuth <strong>von</strong> Moltke, einem <strong>der</strong><br />
erfolgreichsten Feldherren. Er wurde 1906 zum Chef des Generalstabes und General <strong>der</strong> Infanterie<br />
berufen.<br />
20<br />
BLANK, Ralf: Strategischer Luftkrieg gegen Deutschland 1914-1918. S. 1. (Im Folgenden als BLANK<br />
abgekürzt.)<br />
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