magisterarbeit von johanna zigan - Hochschularchiv der RWTH ...
magisterarbeit von johanna zigan - Hochschularchiv der RWTH ...
magisterarbeit von johanna zigan - Hochschularchiv der RWTH ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Vom Techniker zum angesehen Wissenschaftler – <strong>der</strong> Wandel des Berufsbildes des Ingenieurs am Ende <strong>der</strong> Wilhelminischen Epoche<br />
„Er wirkte als treibende Kraft des Fortschritts, er verän<strong>der</strong>te die Werkstoffe mit Hilfe<br />
mechanischer, chemischer o<strong>der</strong> elektrotechnischer Verfahren und besorgte die<br />
Qualitätskontrolle.“ 189<br />
Trotz allem erkannte das gebildete Bürgertum die Polytechniker nicht als die Ihren an und<br />
sah auf sie herab. „Die gesellschaftliche Rolle des Technikers und Ingenieurs sei in den<br />
Augen <strong>von</strong> Bürokratie und Gesellschaft noch weitgehend die eines Parvenus, eines<br />
polirten Handwerkers, und entsprechend schlecht seien sie in Verwaltung und politischen<br />
Gremien vertreten.“ 190<br />
Max Maria Weber, ein Sohn des Komponisten und selbst Ingenieur, beschrieb 1877 die<br />
ambivalente Stellung des Ingenieurs wie folgt: „Es giebt wie in <strong>der</strong> bürgerlichen<br />
Gesellschaft so auch im Völkerleben Emporkömmlinge. Dort sind es Individuen, hier<br />
Berufsclassen. Dort wie hier, sind jene wie diese nicht wohl angesehen, oft werden sie<br />
gefürchtet, überall erlangen sie schwer und langsam Geltung und Ebenbürtigkeit. Ein<br />
solcher Emporkömmling im Völkerleben ist die Berufsclasse <strong>der</strong> Techniker. Die uralten<br />
Stände, <strong>der</strong> Nähr-, Lehr- und Wehrstand, wissen sie nicht recht in ihre Reihen<br />
einzurangieren, die Facultäts-Wissenschaften betrachten sie als Eindringling, den<br />
Regierungen ist sie ein unbequemes Neu-Element im Staatsmechanismus. Alle nennen<br />
sie, im Herzen wenigstens, ein notwendiges Übel.“ 191<br />
Auch in <strong>der</strong> Literatur wurde teilweise ein dämonenhaftes Bild <strong>von</strong> Professoren und<br />
Naturwissenschaftler gezeichnet, wie Mary Woolstonecraft Shelly es in „Frankenstein“<br />
machte. Physiker und Mediziner wurden als Erfin<strong>der</strong> <strong>von</strong> Maschinen, Fluggeräten und<br />
Monstern dargestellt. 192 In E.T.A. Hoffmanns Sandmann erfindet Spalanzani, Professor<br />
<strong>der</strong> Physik, Olimpia, die er als seine Tochter ausgibt und die in Wirklichkeit ein Androide<br />
ist. Sie kann keine menschlichen Gefühle haben, aber es scheint so, als sei sie<br />
lebendig. 193 Die negativ behaftete Darstellung <strong>von</strong> Ingenieuren, ob Professor o<strong>der</strong> nicht,<br />
reicht weit ins 20. Jahrhun<strong>der</strong>t. 1957 erschien Homo faber <strong>von</strong> Max Frisch, in welchem<br />
dem Protagonist im Laufe seiner Entwicklung im Roman bewusst wird, dass eine<br />
189 SCHWEITZER, S. 71.<br />
190 RICKING, Klaus: Mens agitat molem. Der Geist bewegt die Materie. 125 Jahre Geschichte <strong>der</strong> <strong>RWTH</strong><br />
Aachen. Mainz 1995, S. 91. (Im Folgenden als RICKING abgekürzt.)<br />
191 Max Maria Freiherr <strong>von</strong> Weber, Die Stellung <strong>der</strong> deutschen Techniker im staatlichen und sozialen Leben.<br />
In: Populäre Erörterungen <strong>von</strong> Eisenbahn-Zeitfragen, Kap. IV, Wien, Pest, Leipzig, 1877, S. 5, gefunden<br />
in: HORTLEDER, Gerd: Das Gesellschaftsbild des Ingenieurs. Zum politischen Verhalten <strong>der</strong><br />
Technischen Intelligenz in Deutschland. Frankfurt/Main 1970, S. 83. (Im Folgenden als HORTLEDER<br />
abgekürzt.)<br />
192 RÜEGG, Walter: Geschichte <strong>der</strong> Universität in Europa. Band III. Vom 19. Jahrhun<strong>der</strong>t zum Zweiten<br />
Weltkrieg (1800-1945). München 2004, S. 132. (Im Folgenden als RÜEGG abgekürzt.)<br />
193 HOFFMANN, ETA, Der Sandmann, Reclam. o.J.<br />
- 48 -