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magisterarbeit von johanna zigan - Hochschularchiv der RWTH ...

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Vom Techniker zum angesehen Wissenschaftler – <strong>der</strong> Wandel des Berufsbildes des Ingenieurs am Ende <strong>der</strong> Wilhelminischen Epoche<br />

technische Sicht <strong>der</strong> Welt und ausschließlich rationale Lebenshaltung nicht zu einem<br />

glücklichen Dasein führen. 194<br />

Trotz aller Vorbehalte gab es immer mehr Bedarf an Ingenieuren in <strong>der</strong> Wirtschaft<br />

während <strong>der</strong> Industrialisierung Deutschlands und es wurden Schulen geschaffen, die<br />

Ingenieure und Techniker ausbilden sollten. Wie die Ausbildung hoch qualifizierter<br />

Techniker an Polytechnika aussehen sollte, wurde intensiv diskutiert und in Europa völlig<br />

unterschiedlich praktiziert.<br />

Denn Ingenieure in <strong>der</strong> Privatwirtschaft hatten nicht nur über technisches Fachwissen zu<br />

verfügen, son<strong>der</strong>n mussten, im Gegensatz zu den Staatsdienern, lernen, ökonomisch zu<br />

denken, denn die Massenfabrikation wurde bedeutsamer. 195 An<strong>der</strong>e Ingenieure waren nur<br />

als Angestellte tätig und wie<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e waren selbständig. Das Berufsbild des<br />

Staatsingenieurs differenzierte sich im Laufe <strong>der</strong> Industrialisierung immer weiter aus.<br />

„Ende des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts gilt Technik als eine in wissenschaftliche Formeln gekleidete<br />

Form des Handwerks. Absolventen <strong>der</strong> Polytechnischen Schulen sind in den Augen <strong>der</strong><br />

Zeitgenossen allenfalls Fachleute. Für eine am humanistischen Bildungsideal orientierte<br />

Gesellschaft passen Naturwissenschaftler und Techniker nicht in die bisherigen<br />

gesellschaftlichen Strukturen. Der Beruf des Ingenieurs kann (noch) nicht gegen die<br />

traditionellen Berufsstände bestehen." 196 Dennoch entschieden sich um die<br />

Jahrhun<strong>der</strong>twende viele Ingenieure bewusst gegen eine Laufbahn im staatlichen Dienst,<br />

und gingen in die Privatwirtschaft, obwohl ihre Anerkennung in <strong>der</strong> Gesellschaft zunächst<br />

ausblieb.<br />

Der Erste Weltkrieg bedeutet für den Stand des Ingenieurberufs eine wichtige Zäsur. Die<br />

Ingenieure hatten nach Kriegsende das Selbstbewusstsein gewonnen, das sie in diesen<br />

vier Jahren unentbehrlich geworden waren. Dies eröffnete ihnen die theoretische<br />

Möglichkeit einer Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> bestehenden sozialen Ordnung. 197<br />

Doch die Integration <strong>der</strong> Ingenieure verlief eher schleppend. „Auf <strong>der</strong> einen Seite<br />

Technikkult, auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite Attacken gegen die technische Bevormundung; auf <strong>der</strong><br />

einen Seite Verherrlichung <strong>der</strong> Ingenieurleistung, auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite eine vor allem<br />

ästhetisierende Begeisterung für die Schönheiten <strong>der</strong> Natur, die ja gerade im Jugendstil<br />

eine eigensinnige Ornamentik entfaltete; auf <strong>der</strong> einen Seite Verherrlichung einer<br />

194 FRISCH, Max, Homo faber, Fischer o.J.<br />

195 HORTLEDER vertritt in seiner Abhandlung: Das Gesellschaftsbild des Ingenieurs, 1970, die These, dass<br />

<strong>der</strong> Ingenieurberuf einem Strukturwandel unterliegt, <strong>der</strong> dahingeht, dass er weniger über technisches<br />

Detailwissen verfügen musste, son<strong>der</strong>n ebenso ein wirtschaftliches Geschick vorzuweisen hatte.<br />

196 KOMPE, S. 7.<br />

197 HORTLEDER, S. 80.<br />

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