Islamistische und jihadistische Akteure in den Partnerländern ... - GIZ
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Die an-Nahda Partei Tunesiens<br />
Die an-Nahda Partei Tunesiens<br />
1. H<strong>in</strong>tergründe<br />
L<strong>in</strong>ks: Facebook Seite von an-Nahda: Auch islamistische Parteien,<br />
die <strong>den</strong> Westen oft als unmoralisch <strong>und</strong> gottlos geißeln, haben ke<strong>in</strong>e<br />
E<strong>in</strong>wände, westliche Medien oder Technologie <strong>in</strong> <strong>den</strong> Dienst ihrer Sache<br />
zu stellen. Oben: Medienpräsenz Rachid al-Ghannouchis, Mitbegründer<br />
der an-Nahda Partei<br />
Historischer <strong>und</strong> politischer Kontext<br />
Infolge unterschiedlicher Erfahrungen mit dem Kolonialismus<br />
<strong>und</strong> divergierender sozio-ökonomischer<br />
Entwicklungen der maghreb<strong>in</strong>ischen Länder nach<br />
der Unabhängigkeit fan<strong>den</strong> islamistische Bewegungen<br />
<strong>in</strong> Nordafrika unterschiedliche Wege, mit <strong>den</strong><br />
autoritären Regimen umzugehen. In Algerien führte<br />
e<strong>in</strong> besonders tief dr<strong>in</strong>gender Siedlerkolonialismus<br />
zu e<strong>in</strong>em radikalen Wechsel aller Eliten <strong>und</strong> zur<br />
Umgestaltung staatlicher <strong>und</strong> bürokratischer Strukturen.<br />
Gewalt etablierte sich als „legitimes“ Mittel<br />
zur Machtergreifung <strong>und</strong> -sicherung (Ouaissa 2008,<br />
59-60). Dort wurde die islamistische Bewegung<br />
zunächst mit äußerst repressiven Mitteln zerschlagen.<br />
In Tunesien dagegen betonte die islamistische<br />
Dustour Partei um Abdelaziz Thaalbi <strong>den</strong> spezifisch<br />
islamisch-arabischen Charakter der tunesischen Unabhängigkeitsbewegung.<br />
Doch sie verlor die Führung<br />
der Bewegung an die säkular-nationalistische<br />
Neo-Dustour um <strong>den</strong> ersten tunesischen Präsi<strong>den</strong>ten<br />
Habib Bourguiba.<br />
Um die Islamisten von der Machtteilnahme auszuschließen<br />
entschied sich Bourguiba gegen offene<br />
Gewalt <strong>und</strong> suchte sie stattdessen zu delegitimieren.<br />
Bourguiba schlug e<strong>in</strong>en westlich orientierten autoritären<br />
Kurs wirtschaftlicher <strong>und</strong> sozialer Modernisierung<br />
e<strong>in</strong> <strong>und</strong> band durch e<strong>in</strong>en breiten Staatssektor<br />
weite Bevölkerungsteile an <strong>den</strong> Staat. Er pflegte<br />
außenpolitische Beziehungen zum Westen<br />
<strong>und</strong> zur frankophonen Elite <strong>und</strong> förderte<br />
Frauenrechte, was ihm <strong>den</strong> Ruf e<strong>in</strong>es „aufgeklärten<br />
Autokraten“ (Jendoubi 2011, 7) e<strong>in</strong>trug.<br />
Gleichzeitig betonte er die islamische I<strong>den</strong>tität<br />
Tunesiens <strong>und</strong> versuchte so, islamische Symbolik<br />
zur Machtsicherung zu nutzen. Gleichzeitig wurde<br />
durch e<strong>in</strong>en umfassen<strong>den</strong> Personenkult um <strong>den</strong> Präsi<strong>den</strong>ten<br />
als modernen, progressiven Befreier Tunesiens<br />
verh<strong>in</strong>dert, dass religiöse Autoritäten zu parallelen<br />
Machteliten aufsteigen konnten (Erdle 2008,<br />
39-44). Zudem festigte Bourguiba se<strong>in</strong>e Vormachtstellung<br />
im System durch die Verfassungen von 1959<br />
<strong>und</strong> 1976, <strong>in</strong> <strong>den</strong>en ihm neben der Präsi<strong>den</strong>tschaft<br />
auf Lebenszeit faktisch unbegrenzte Kompetenzen<br />
zugesprochen wur<strong>den</strong> (Jendoubi 2011, 7-8).<br />
Se<strong>in</strong> Nachfolger Z<strong>in</strong>e al-Abid<strong>in</strong> Ben Ali führte ab<br />
1987 Bourguibas Modernisierungspolitik im Gr<strong>und</strong>e<br />
fort. Auch se<strong>in</strong>e Schwerpunkte lagen auf marktwirtschaftlicher<br />
Entwicklung <strong>und</strong> westorientierter<br />
Außenpolitik. Ben Ali bediente sich allerd<strong>in</strong>gs<br />
technologischer Entwicklungen, um mit Hilfe des<br />
Kommunikationsm<strong>in</strong>isteriums e<strong>in</strong>e weitreichende<br />
Imagekampagne Tunesiens umzusetzen. Inländische<br />
Medien wur<strong>den</strong> zensiert, während die außenpoliti-<br />
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