Islamistische und jihadistische Akteure in den Partnerländern ... - GIZ
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Die marokkanische «Parti de la Justice et du Développement»<br />
weil diese islamische Werte untergrabe. Außerdem<br />
konnte sie als Oppositionspartei ohne Regierungsverantwortung<br />
ihre Programmpunkte vage halten<br />
<strong>und</strong> so zahlreiche Sympathisanten gew<strong>in</strong>nen <strong>und</strong><br />
viele Menschen ansprechen. In dieser Zeit verstärkte<br />
sie zudem ihre soziale Arbeit <strong>und</strong> verbesserte ihre<br />
<strong>in</strong>terne Parteiorganisation (Wegner 2008, 131-133).<br />
Als terroristische Anschläge 2003 Casablanca erschütterten<br />
(mit <strong>den</strong>en die PJD nicht <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung<br />
zu br<strong>in</strong>gen ist!), stellte dies die Partei auf e<strong>in</strong>e harte<br />
Die PJD nimmt seit 1997 (damals noch als<br />
MPDC) an Parlamentswahlen teil <strong>und</strong> verzeichnet<br />
seitdem stetig wachsende Wahlerfolge.<br />
2011 erhielt sie als stärkste Fraktion mit<br />
107 (von 395) Mandaten E<strong>in</strong>zug <strong>in</strong>s Parlament<br />
(Eibl 2011, 5) <strong>und</strong> ihr Spitzenpolitiker<br />
Abdelilah Benkirane wurde vom König zum<br />
Premierm<strong>in</strong>ister bestellt. Ihre Wählerschaft<br />
rekrutiert sich vorrangig aus urbanen Mittelschichten,<br />
aber auch aus ländlichen Gebieten,<br />
wo ihre Slogans zur „Moralisierung der<br />
Politik“ gegen Korruption <strong>und</strong> Vetternwirtschaft<br />
<strong>und</strong> für mehr Verteilungsgerechtigkeit<br />
Anklang fan<strong>den</strong> (Eibl 2011, 5-6).<br />
Für das Überleben der PJD im autoritären Kontext<br />
gibt es zwei wesentliche Ursachen. Erstens sicherte<br />
sie sich durch freiwillige Selbstbeschränkung Handlungsspielräume.<br />
Damit sie ke<strong>in</strong>e zu starke parlamentarische<br />
Kraft wer<strong>den</strong> konnte <strong>und</strong> repressiven<br />
Maßnahmen des Regimes ausgesetzt würde, kandidierte<br />
sie beispielsweise <strong>in</strong> höchstens der Hälfte der<br />
Wahlkreise. Außerdem vermied sie direkte Konfrontationen<br />
mit dem Regime <strong>und</strong> zeigte politischen<br />
Pragmatismus, <strong>in</strong>dem sie etwa die l<strong>in</strong>ksgeführte Regierung<br />
zwischen 1998 <strong>und</strong> 2000 unterstützte (Wegner<br />
2008, 129-130).<br />
Dies bedeutet jedoch nicht, dass die PJD völlig regimehörig<br />
wäre. Sie kritisiert Korruption <strong>und</strong> Klientelismus,<br />
soziale Ungerechtigkeit <strong>und</strong> moralischen<br />
Verfall der marokkanischen Politik. Auch mobilisierte<br />
die PJD ihre Anhänger gegen die Reform<br />
des Personenstandsrechts (mudawwana) von 2000,<br />
Der islamistische Premierm<strong>in</strong>ister Abdelilah Benkirane macht<br />
König Mohammed VI. (rechts) se<strong>in</strong>e Aufwartung<br />
Probe. Unterlegene Oppositionsgruppen nutzten die<br />
Gelegenheit, um anti-islamistische Propaganda zu<br />
betreiben. Auch der Druck des Regimes wuchs massiv<br />
an, da sich König Mohammed VI. als Verbündeter<br />
im „Kampf gegen <strong>den</strong> Terrorismus“ behaupten<br />
wollte. Um weiterh<strong>in</strong> parlamentarisch arbeiten zu<br />
können, musste die PJD ideologisch problematische<br />
Zugeständnisse an das Regime e<strong>in</strong>gehen, wie ihre<br />
Zustimmung zur Reform des Personenstandsrechts<br />
oder zum Antiterrorismusgesetz, welches politische<br />
Rechte <strong>und</strong> bürgerliche Freiheiten massiv beschnitt.<br />
Diese Kooptierung der Islamisten enthielt beiderseitigen<br />
Nutzen. Das Königshaus konnte das Regime<br />
stabilisieren, die islamistische Szene spalten <strong>und</strong> <strong>den</strong><br />
E<strong>in</strong>fluss der regimefe<strong>in</strong>dlichen al-Adl wa-l-Ihsane<br />
schwächen sowie e<strong>in</strong>en Hauch von pseudo-demokratischem<br />
Parteienpluralismus nach außen vermitteln.<br />
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