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Islamistische und jihadistische Akteure in den Partnerländern ... - GIZ

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Die an-Nahda Partei Tunesiens<br />

mit islamischem Bezug e<strong>in</strong>, <strong>und</strong> bekannte sich zur<br />

Förderung von Frauenrechten (ebd., 43). Die MTI<br />

zeichnete damit ke<strong>in</strong> Alternativmodell zur Republik,<br />

sondern suchte Reformen <strong>in</strong>nerhalb des bestehen<strong>den</strong><br />

Systems anzustoßen. Damit sprach sie sozial engagierte,<br />

qualifizierte <strong>und</strong> sich ihres islamischen Glaubens<br />

bewusste Tunesier aus der Mittelschicht an, die<br />

vom „Bourguibismus“ ausgeschlossene soziale Gruppen<br />

darstellten <strong>und</strong> sich durch die Modernisierung<br />

„von oben“ entfremdet fühlten. Diese Politisierung<br />

ließ die MTI zu e<strong>in</strong>em ernstzunehmen<strong>den</strong> Herausforderer<br />

des Regimes wer<strong>den</strong>, sodass ihre Anhänger<br />

zunehmend staatlicher Repression ausgesetzt wur<strong>den</strong>.<br />

In Ben Alis politischem System fand der politische Islam<br />

kaum Platz. 1988 erließ der Präsi<strong>den</strong>t e<strong>in</strong> Dekret,<br />

welches Bewegungen mit spezifisch islamischem Bezug<br />

die Gründung e<strong>in</strong>er politischen Partei untersagte.<br />

Daher benannte sich die MTI um <strong>in</strong> Hizb an-Nahda<br />

(Partei der Renaissance) <strong>und</strong> konnte so erstmals an<br />

Parlamentswahlen teilnehmen, aus <strong>den</strong>en sie mit<br />

Entstehungsgeschichte <strong>und</strong> Verhältnis<br />

zum Regime<br />

Die heutige Harakat an-Nahda (Renaissance-Bewegung,<br />

kurz: Nahda) g<strong>in</strong>g aus der islamistischen Partei<br />

Dustour (Verfassung) hervor, die <strong>in</strong>nerhalb der Nationalbewegung<br />

seit <strong>den</strong> 1930er Jahren vorrangig von<br />

der urbanen Mittelschicht getragen wor<strong>den</strong> war. Unter<br />

der säkular-frankophonen Neo-Dustour um Habib<br />

Bourguiba, die nach Erlangung der tunesischen<br />

Unabhängigkeit alle relevanten Führungspositionen<br />

im Staatsapparat e<strong>in</strong>nahm, wur<strong>den</strong> die Islamisten zunächst<br />

als Gegengewicht zu <strong>den</strong> l<strong>in</strong>ken Kräften<br />

der 1960er Jahre geduldet, die <strong>den</strong> arabischen<br />

Nationalismus Nassers unterstützten.<br />

Dabei sollte der Islam als kulturelles Erbe<br />

der tunesischen Gesellschaft betont wer<strong>den</strong>,<br />

jedoch förderte Bourguiba (ebenso wie se<strong>in</strong><br />

Nachfolger Ben Ali) e<strong>in</strong> unpolitisches Islamverständnis<br />

(Erdle 2008, 39-49). In diesem<br />

Rahmen entstand 1979 die zunächst unpolitische<br />

Islamische Ten<strong>den</strong>zbewegung (Mouvement<br />

de la Tendance Islamique, MTI), die<br />

aus der islamischen Stu<strong>den</strong>tenbewegung hervorg<strong>in</strong>g<br />

<strong>und</strong> vorrangig Sympathisanten aus ärmeren<br />

Verhältnissen des Großraumes Tunis anzog. Diese<br />

Bewegung organisierte Gesprächskreise <strong>und</strong> Informationsveranstaltungen<br />

außerhalb des von der Neo-<br />

Dustour dom<strong>in</strong>ierten politischen Parteienspektrums.<br />

1981 verabschiedete die MTI auf ihrem Nationalkongress<br />

ihr erstes politisches Programm – e<strong>in</strong> Ergebnis<br />

der Konsensf<strong>in</strong>dung zwischen zahlreichen<br />

verschie<strong>den</strong>en Strömungen <strong>in</strong>nerhalb der Bewegung.<br />

In diesem Programm forderte sie Parteienpluralismus,<br />

setzte sich für gesellschaftliche Modernisierung<br />

E<strong>in</strong>e salafistische Massendemonstration rief im März 2012 zur<br />

E<strong>in</strong>führung der Scharia <strong>in</strong> Tunesien auf<br />

beachtlichem Erfolg hervorg<strong>in</strong>g. Ihre offensichtliche<br />

politische Mobilisierungsfähigkeit führte erneut zum<br />

Bruch mit dem Regime. Die Organisationsstrukturen<br />

der an-Nahda wur<strong>den</strong> zerschlagen, ihre Mitglieder<br />

<strong>und</strong> Anhänger verhaftet oder exiliert, <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e umfassende<br />

Propagandakampagne des Kommunikationsm<strong>in</strong>isteriums<br />

sollte ihre Popularität m<strong>in</strong>dern. Ab<br />

2001 ließen sich Repressionskampagnen zudem unter<br />

dem Deckmantel des „Kampfes gegen <strong>den</strong> Terrorismus“<br />

<strong>in</strong>ternational problemlos legitimieren.<br />

46<br />

Schwieriges Erbe: Kolonialzeit <strong>und</strong> Diktatur. E<strong>in</strong> Bild des gestürzten Machthabers Z<strong>in</strong>e al-Abid<strong>in</strong> Ben Ali vor der<br />

französischen Kathedrale St. V<strong>in</strong>cent de Paul im Stadtzentrum von Tunis (Oktober 2010)

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