Islamistische und jihadistische Akteure in den Partnerländern ... - GIZ
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Nach über dreißig Jahren Bürgerkrieg geht der Wiederaufbau wie hier <strong>in</strong> Herat nur schleppend voran<br />
Die desolate Sicherheitslage macht nachhaltige<br />
Wirtschaftsentwicklung – <strong>und</strong> damit die Erfüllung<br />
der Wohlfahrtsfunktion des Staates – weitestgehend<br />
unmöglich. So f<strong>in</strong>det sich Afghanistan im Human<br />
Development Index auf Platz 177 von 187 Ländern<br />
wieder <strong>und</strong> zählt damit zu <strong>den</strong> ärmsten Ländern<br />
weltweit (HDI 2011). E<strong>in</strong> Drittel der Bevölkerung<br />
lebt unter der Armutsgrenze <strong>und</strong> maximal 57 Prozent<br />
der Bevölkerung haben Zugang zur Ges<strong>und</strong>heitsversorgung.<br />
E<strong>in</strong>en erschweren<strong>den</strong> Faktor für<br />
menschliche Entwicklung <strong>in</strong> Afghanistan stellt der<br />
mit über drei Millionen sehr hohe Flüchtl<strong>in</strong>gsanteil<br />
dar (FFP 2012). Rechtstaatlichkeit, welche <strong>in</strong><br />
Zusammenhang mit der Legitimationsfunktion des<br />
Staates zu betrachten ist, kann kaum durchgesetzt<br />
wer<strong>den</strong>. Massive Korruption sowie das Gewohnheitsrecht<br />
der Stämme verh<strong>in</strong>dern die Implementierung<br />
e<strong>in</strong>es glaubwürdigen, landesweiten Rechtssystems<br />
(Baker 2009).<br />
Entstehungsgeschichte <strong>und</strong> Verhältnis zum<br />
afghanischen <strong>und</strong> pakistanischen Staat<br />
Taliban (Stu<strong>den</strong>ten/Suchende) waren ursprünglich<br />
Schüler der Religionsschulen der Deobandis, e<strong>in</strong>er<br />
sunnitischen Reformbewegung Indiens im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert.<br />
Die Deobandis versuchten e<strong>in</strong>e Rückkehr<br />
zu korrekter islamischer Lebensweise zu f<strong>in</strong><strong>den</strong>, um<br />
so die britische Kolonialherrschaft zu überw<strong>in</strong><strong>den</strong>. In<br />
ihren Religionsschulen versuchten sie – ähnlich wie<br />
später die ägyptischen Muslimbrüder unter Hassan<br />
al-Banna – junge Generationen an werteorientierte<br />
Lebensweisen <strong>in</strong> Anlehnung an ihr Islamverständnis<br />
heranzuführen. Diese Religionsschulen wur<strong>den</strong> von<br />
verschie<strong>den</strong>en Gruppen der Deobandis geleitet, von<br />
<strong>den</strong>en sich e<strong>in</strong>e „Geme<strong>in</strong>schaft der Gelehrten des Islam“<br />
(Jamaa Ulama l-Islam, JUI) nannte.<br />
Die JUI war e<strong>in</strong>e sehr politisierte Gruppe, die die<br />
Ausrufung des muslimischen Staates <strong>in</strong> Pakistan<br />
1947 unterstütze (was allerd<strong>in</strong>gs nicht für alle Deobandis<br />
galt; vgl. Ste<strong>in</strong>berg 2005, 70). Unter der<br />
Militärherrschaft Zia ul-Haqs, dessen islamischkonservative<br />
Politik die JUI begrüßte, konnte sie<br />
ihre erzieherischen Tätigkeiten <strong>in</strong> der Grenzregion<br />
zu Afghanistan <strong>in</strong>tensivieren. Zusätzlich wurde sie<br />
von saudischen Wahhabiten unterstützt, die ihr konservatives<br />
Verständnis des Alltagsislams teilten.<br />
Als Ende der 1970er Jahre sowjetische Truppen <strong>in</strong><br />
Afghanistan e<strong>in</strong>marschierten <strong>und</strong> e<strong>in</strong> blutiger Krieg<br />
gegen die Besatzer ausbrach, flohen verarmte Massen<br />
nach Pakistan, von <strong>den</strong>en e<strong>in</strong> Teil <strong>in</strong> <strong>den</strong> Religions-<br />
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