Johannes Tauler - DAS REICH GOTTES IN UNS - geistiges licht
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er alle die, die für die Stimme Gottes empfänglich werden sollen, nun und in der Ewigkeit. In diesen<br />
einsamen, stillen, freien Gottesgrund trage Deinen einsamen, von allem, was nicht Gott ist, völlig<br />
geleerten Seelengrund.<br />
Dann wird die göttliche Finsternis, die vor lauter Lichtheit für Dein Erkennen Finsternis ist, sich in<br />
die Leere und Dunkelheit Deines Seelengrundes ergießen und die Helle des göttlichen Lichts wird<br />
darin aufbrechen.<br />
Daß wir zu solcher Hinwendung und Einswerdung gelangen, dazu helfe uns Gott!<br />
H<strong>IN</strong>WENDUNG ZU GOTT<br />
"Und er sprach zu Simon: Fahre auf die Höhe und werfet eure Netze aus, daß ihr einen Zug tut."<br />
Luk. 5; 4<br />
Lukas berichtet in seinem Evangelium, wie Jesus das Schiff betrat und ihn bat, er möge das Schiff<br />
vom Ufer wegführen. Und er saß und lehrte das Volk vom Schiff aus. Danach sprach er zu Simon:<br />
"Fahre das Schiff auf die Höhe."<br />
Von diesem Schiff wollen wir sprechen: es ist nichts anderes als der innere Mensch, sein Gemüt,<br />
seine Gesinntheit. Das Schiff fährt in dem stürmenden Meer der angsterregenden äußeren Welt, die<br />
in stetem Wandel und Wechsel begriffen ist: bald in Lust, bald in Leid. Wie schlecht es um die steht,<br />
deren Herz mit seiner Liebe ganz den wandelbaren, vergänglichen äußeren Dingen und Gestalten<br />
verhaftet ist – wahrlich, dem, der das erkannt hat, möchte das Herz vor Leid erstarren! Wie es ihnen<br />
hernach geht, daran denken die Menschen in ihrer Blindheit nicht.<br />
Darum die Mahnung: "Fahre das Schiff hinauf auf die Höhe." Damit ist der erste Weg gemeint, der<br />
allen nottut: daß das Gemüt, die Gesinnung aus allem herausgezogen werde, was Kreatur und<br />
Dinglichkeit, also nicht Gott ist, und hinaufgeführt werde zur Höhe, zur Hinwendung zu Gott. Wer<br />
nicht im Meer der Vergänglichkeit untergehen und ertrinken will, dessen Gemüt, dessen innerer<br />
Mensch muß notwendig erhoben sein über den äußeren Menschen und über alles Haften am<br />
Äußeren und Kreatürlichen.<br />
Nun antwortete Simon Petrus: " Wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen." Das<br />
entspricht der Wahrheit: Alle, die mit äußeren Dingen umgehen, an ihnen hängen und sich um sie<br />
sorgen, arbeiten gleichsam in der Nacht und gewinnen nichts.<br />
Aber auf Jesu Geheiß warfen sie das Netz erneut aus und fingen so viele Fische, daß das Netz<br />
zerriß.<br />
Was ist dieses Netz, das ausgeworfen werden soll und mit dem so viel gefangen wird? Es ist das<br />
Bewußtsein, das nach innen gewendet und im Gebet ,ausgeworfen' werden soll, in so tiefer<br />
Selbstversenkung, daß die Liebe und Hingabe an Gott Gemüt und Bewußtsein mit solcher Freude<br />
durchströmt, daß der Mensch die Seligkeit kaum ertragen kann.<br />
Aber dieses "Fahre das Schiff auf die Höhe!" ist erst der unterste Grad. Es muß weit höher<br />
hinaufgefahren werden. Soll der Mensch außen und innen ein gelassener und der innere Mensch ein<br />
verklärter und gottförmiger werden, muß das Schiff des inneren Menschen so weit hinauf zur Höhe<br />
gefahren werden, daß alles von ihm abfällt, was den unteren Kräften, dem äußeren Leben zugehört.<br />
Ja, selbst die erhabensten Gedanken und die beglückendsten Gewinne seiner geistigen Übungen und<br />
alle die Gaben, die Gott ihm schenkte, werden dem inneren Menschen dann unzulänglich<br />
erscheinen, so daß er sich völlig von ihnen löst und nach dem Höheren verlangt, das ihm aber noch<br />
nicht gewiß ist.