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Johannes Tauler - DAS REICH GOTTES IN UNS - geistiges licht

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Nun tragen zwar alle Menschen Verlangen nach dieser Festzeit des Ewigen Lebens von Natur in<br />

sich, denn alle wollen glücklich sein. Aber dieses Begehren genügt nicht. Wir müssen Gott an sich<br />

im Sinne haben und suchen.<br />

Auch den Vorgeschmack der ewigen Festzeit hätten viele gern, und sie klagen, daß er ihnen nicht<br />

zuteil werde. Wenn sie beim Beten und Meditieren keine Festzeit und Feststimmung in ihrem<br />

Seelengrund empfinden noch Gottes Gegenwart fühlen, verdrießt sie das, und sie tun es dann<br />

unlieber und sagen, sie fühlten Gott nicht, wozu also beten und meditieren.<br />

Nun sollen wir aber kein Werk deshalb weniger eifrig tun; denn wenn wir ihn auch nicht in uns<br />

fühlen, so ist Gott dabei doch gegenwärtig und mit seinem Wollen und Leben und seinem Reich in<br />

uns.<br />

Und wo Gott ist, da ist wahrlich Festzeit. Er muß da sein, wo man ihn im Sinne hat und ihn allein<br />

sucht. Er ist vielleicht heimlich und verborgen da; aber er ist da!<br />

Daß wir ihn allezeit im Sinne haben in all unserem Denken und Tun und uns oft nach innen wenden<br />

und ,hinaufgehen', über uns selbst hinaus und hinauf in sein Reich, das meint Jesu Wort: "Eure Zeit,<br />

hinaufzugehen, ist allewege."<br />

Seine Zeit aber, daß er sich offenbare und entdeckt werde, ist nicht allezeit. Diese Zeit sollen wir<br />

ihm überlassen. Er ist aber ohne Zweifel verborgen da, wo wir ihn suchen und im Sinne haben.<br />

Darum sollen wir keine Übung unwillig tun; denn zuletzt finden wir ihn und wissen dann: er war<br />

immer da, nur war er bis dahin verborgen.<br />

Hierauf zielen und dieser Offenbarwerdung dienen alle Gebete und Meditationen, alle geistigen<br />

Übungen und guten Werke: daß wir Gott allein im Sinn haben und daß in uns das Fest des Ewigen<br />

Lebens anhebe und wir mit Gott einen Grund haben, in dem nichts ist als Gott allein. Soweit alle<br />

unsere Weisen und Werke hierzu dienen, sind sie gut und nützlich; wo nicht, bleiben alle äußeren<br />

Übungen wertlos und fruchtlos, weil sie nicht zum Fest des Ewigen Lebens leiten.<br />

Und was ist das Kennzeichen des rechten Lebens, das den Menschen allezeit am Fest des Ewigen<br />

Lebens, am Reiche Gottes teilhaben läßt?<br />

Es ist die wahre göttliche Liebe und völlige Hingabe an Gott, die ,Armut an Geist und Gut', d. h.<br />

das Freisein vom eigenen Meinen und Besitzenwollen. Wir leben recht und sind allezeit bereit,<br />

wenn wir nur dieses eine im Sinne haben: Gott über alles zu lieben und ihm mit unserem ganzen<br />

Sein und Wesen zu dienen und uns untereinander zu lieben wie uns selbst.<br />

,Arm' sollen wir sein an uns selbst und an allem, was nicht Gott ist, an allem Eigenbesitz und<br />

Eigenwillen, und frei von allen Kreaturen, allen Bindungen und dem, was uns vom innersten<br />

Seelengrund wegzieht, den Gott allein besitzen und erfüllen soll. Dann sind wir der Teilhabe am<br />

Fest des Ewigen Lebens jederzeit würdig.<br />

Nur dazu sind alle religiösen Gebräuche und geistigen Übungen und alle Weisen gottzugewandten<br />

Lebens da, und soweit sie dazu dienen, sind sie gut und nützlich und helfen uns, als Kinder Gottes<br />

am Reiche Gottes teilzuhaben.<br />

Tun wir all dies darum allezeit gern und mit festlichem Gemüt, und achten wir darauf, daß wir Gott<br />

unseren Seelengrund von allem Irdischen frei und lauter darbieten, dann werden wir seiner<br />

lebendigen Gegenwart in uns gewiß.<br />

Das allein ist die wahre Andacht und Versenkung, daß uns nach nichts verlangt, als Gott im Sinn zu<br />

haben und seiner immerwährenden Gegenwart in uns jederzeit gewiß zu sein.<br />

Das meint der Ruf, daß unsere Zeit allezeit ist. Und dafür sollten wir Gott allezeit danken, daß er<br />

uns als seine Kinder gerufen und berufen hat, jederzeit am Fest des Ewigen Lebens teilzunehmen,<br />

und eingeladen, immerfort in seinem ewigen Reiche zu bleiben.

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