Johannes Tauler - DAS REICH GOTTES IN UNS - geistiges licht
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im Grunde Deiner Seele, damit Dein Geist mit dem Seinen durch das Band des Frieden geeint sei.<br />
Wenn Du in diesem Frieden stehst, wird Deine Seele in einem Blick vom Licht Gottes erleuchtet,<br />
daß der Grund entflammt und daß es Dir ist, als ob Du selbst verbrennen würdest und alle<br />
Menschen mit zur Entflammung brächtest.<br />
Dies geschieht im allerinnersten Grunde des erleuchteten Menschen; es strahlt aber auch durch den<br />
inneren Menschen und bis in den äußeren, so daß der ganze Mensch so durchgottet und<br />
durch<strong>licht</strong>et, erneuert und friedevoll wird, daß alles, was er alsdann wirkt, Gottes Werk ist.<br />
Alle Weisen und Übungen der Religion weisen den äußeren Menschen auf den inneren, in dem eine<br />
wahre Erneuerung ohne Unterlaß statthaben soll, damit der aller innerste Mensch, der göttliche<br />
Grund, offenbar werde.<br />
Wo diese Erneuerung geschehen soll, muß der äußere Mensch sich völlig einwärts wenden in den<br />
inneren und in ihm allem Haften und Hängen an äußeren Dingen, Wesen und Gütern wie auch sich<br />
selber entwerden, bis der innere Mensch ganz Herr ist über den äußeren.<br />
Das ist am Anfang nicht leicht, sondern schmerzlich, wenn man allen äußeren Lüsten in Gedanken,<br />
Worten und Werken absterben will. Aber Gott blickt auf unseren allerinnersten Menschen, Christus,<br />
und hilft uns: wenn wir uns lassen und uns ihm überlassen, nimmt er in uns Wohnung – im<br />
verborgenen allerinnersten gottförmigen Grund unseres Wesens. Dann kehrt der Seelengrund<br />
zurück in seinen Ursprung, in seine Ungeschaffenheit, und wird da Licht im Lichte Gottes.<br />
In diesem Licht erlischt und entwird alles natürliche und geistige Licht, das je außer ihm und in ihm<br />
leuchtete, wie das Licht der Sterne verblaßt und erlischt, wenn die Sonne aufsteigt. So verdunkelt<br />
das göttliche Licht, das nun im Seelengrund aufstrahlt, alle geschaffenen Lichter, die je schienen,<br />
und erfüllt das ganze Wesen mit seiner vor Ober<strong>licht</strong>heit fast dunklen Lichtheit – so wie die Sonne,<br />
wenn das Auge ungeschützt hineinschaut, es blendet und als Finsternis erscheint.<br />
Ich sagte, daß alle Weisungen und Übungen der Religion den äußeren Menschen auf den inneren<br />
weisen, in dem eine wahre Erneuerung ohne Unterlaß statthaben soll, damit der allerinnerste<br />
Mensch – der göttliche Grund – offenbar werde. Und ich wiederhole, daß sie nur dem frommen und<br />
nützen, der dabei nicht sich und sein irdisches oder ewiges Wohl im Auge hat, sondern allein, den<br />
Willen Gottes zu tun, sich zu lassen und Gott in sich wohnen und wirken zu lassen.<br />
Das meinte Paulus mit seiner Mahnung, uns darin zu üben, daß wir die Einigkeit im Geist, die<br />
Einheit von Leib, Seele und Geist, durch das Band des Friedens in Gott erhalten. Wir sollen, in der<br />
Einwärtswendung, auf unseren Seelengrund achten und uns dem allerinnersten Menschen einen,<br />
damit wir in die Einheit des Geistes, d. h. zur Einigung unseres Geistes mit dem Geiste Gottes<br />
gelangen.<br />
Wie aus gutem Holz ein großes Feuer entsteht und die Flamme hindurchdringt und in die Höhe<br />
steigt, so soll die geistige Übung das Gemüt entzünden. Doch soll man auch über dieses Bild<br />
hinwegschreiten und mit flammender Liebe durch den inneren Menschen zum allerinnersten<br />
durchstoßen, denn der allerinnerste Mensch kennt kein Eigenwirken, sondern nur das Lassen: er<br />
hält sich im Stande des NichtTuns, damit Gott in ihm sein Werk vollbringe.<br />
Wenn er dazu gelangt, erhebt sich der Geist Gottes, blickt in sich selbst hinein und zieht das zum<br />
Lassen gelangte Gemüt nach sich und in sich selbst. Das geht in einem Augenblick – je schneller,<br />
desto vollkommener. Hier wird der allerinnerste Mensch ein Geist mit Gott.<br />
Hier wird der wahre Friede Gottes geboren. Um den zu erlangen und zu halten, muß man sich<br />
ständig im Lassen und Hingeben üben, und man muß dabei bleiben, bis das Licht der Wahrheit<br />
aufstrahlt.<br />
Denn wo etwas von Gott aufstrahlt, da ist Gott ganz gegenwärtig.<br />
Daß wir zu dieser Einheit und zum Frieden Gottes gelangen, dazu verhelfe uns Gott.