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Johannes Tauler - DAS REICH GOTTES IN UNS - geistiges licht

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So ist er mit seinem Schifflein ,auf die Höhe gefahren', hat den Gipfel erreicht – und sieht sich<br />

zugleich in höchster Verlassenheit. Alle Bedrängnisse, Versuchungen und Mängel, die er längst<br />

überwunden und hinter sich gelassen hatte, scheinen sich nun abermals gegen ihn zu erheben; der<br />

Sturm beginnt zu wüten und sein Schifflein zu gefährden.<br />

Aber er braucht sich nicht zu fürchten. Wenn sein Schifflein fest und sicher im Gott-Grund<br />

verankert ist, können ihm auch die wildesten Wogen nichts anhaben.<br />

Er sollte Hiob gleichen: "In der Finsternis erhoffen wir das Licht" und ganz bei sich selber bleiben,<br />

nicht nach außen blicken und nicht nach äußerer Hilfe Ausschau halten, um der Not zu entkommen,<br />

auch nicht auf irgendwelche Lehrer und Ratgeber hören und sich so von sich selber weglocken<br />

lassen, sondern des Kommens des inneren Lichts gewiß bleiben. Denn gerade dann ist Christus ihm<br />

nahe und wird in ihm geboren werden.<br />

Glaube mir: Alle Bedrängnis und Not dient dazu, daß diese Geburt Christi in Dir geschehe! Keine<br />

Macht der Welt, weder Leben noch Tod, kann diese Geburt verhindern. Hätten auch alle Menschen<br />

und alle bösen Mächte sich gegen einen solchen Gottesfreund verschworen – je feindlicher sie ihm<br />

wären, desto höher würden sie sein Schifflein emporführen. Dadurch, daß der Mensch sich hier<br />

völlig läßt und willig Gott machen läßt, kommt er höher als mit allen äußeren und geistigen<br />

Übungen.<br />

Um auf die Höhe, zu Gott, zu gelangen, muß er sich von allem lösen, was nicht Gott ist oder<br />

unmittelbar zu Gott hinführt. Und er muß bei allem Tun darauf achten, daß er nicht geistige Güter<br />

um materieller Güter willen hingibt. Denn was der Mensch nicht um Gottes willen und mit Gott tut,<br />

das ist wesenlos und führt ins Dunkel.<br />

Lernen wir darum, mit unserem Schiff ,auf die Höhe zu fahren', d. h. unser Gemüt und alle Kräfte<br />

über den inneren Menschen hinaus in die Höhe zu erheben; denn Gott ist nur auf der Höhe. Wenden<br />

wir uns mit unseren oberen Kräften über alle Zeitlichkeit hinaus in den ewigen Grund; denn da ist<br />

Gott in Wahrheit, da spricht er sein Wort. Das Wort aber soll man in schweigender Hingabe<br />

empfangen und ihm in sich Raum geben, dann wird man von ihm über alles hinaus, was die Sinne<br />

erfassen können, erleuchtet. Der Reichtum, der sich hier darbietet, ist unvorstellbar.<br />

Wenn Gott sein Wort in uns spricht und wir es recht empfangen, wird das Ich von der Furcht<br />

ergriffen, es müsse gänzlich zugrunde gehen. Alsdann gilt es, nicht dieser Furcht nachzugeben und<br />

um Hilfe nach außen zu blicken und zu laufen, sondern innerlich gelassen und besonnen zu bleiben<br />

und sich gänzlich hinzugeben.<br />

Denn wenn das göttliche Licht aufgeht, muß das geschaffene Licht untergehen. Wenn das<br />

ungeschaffene Licht zu scheinen und zu strahlen beginnt, werden notwendig alle äußeren Lichter<br />

des Verstandes und der Welt unscheinbar und dunkel, wie das Licht der aufgehenden Sonne das<br />

Lichtlein einer Kerze unscheinbar und trübe macht.<br />

Wer dieses göttlichen Lichts in sich gewahr wird, der empfängt mehr Seligkeit, als die Welt mit<br />

ihren Lichtern und Freuden ihm geben kann. Denn in diesem Lichte wird er in seinem innersten<br />

Wesen überformt und verwandelt.<br />

Dies ist der kürzeste und nächste Weg zur Geburt Gottes im Seelengrund.<br />

Ist der Mensch ganz Gott zugewandt, von Ichheit leer und von Gott erfüllt, können keine äußeren<br />

Mächte und Kreaturen sein Schifflein, seinen inneren Menschen von der Fahrt zur Höhe ablenken<br />

oder es zum Untergehen bringen. Denn Gott erfüllt den inneren Menschen mit solcher Freiheit,<br />

solchem Frieden und solcher Festigkeit, daß sie niemand begreift, der sie nicht besitzt.<br />

Es mag vorkommen, daß im Sturm der Welt die Wogen von außen gegen sein Schifflein schlagen,<br />

als wollten sie es überschwemmen und in die Tiefe ziehen; aber alles Anstürmen von außen vermag<br />

nichts gegen die Sicherheit und den Frieden des Innern.<br />

Aber dieser Friede, den die wahren Gottesfreunde besitzen, ist nicht genug: es bewegt sie, daß sie

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