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Johannes Tauler - DAS REICH GOTTES IN UNS - geistiges licht

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hat besser gebetet, als wenn er tausend Lippengebete verrichtet hätte.<br />

Das innere Gebet geschieht im Geiste und übertrifft unermeßlich alle äußeren Gebete. Gott will, daß<br />

wir ihn im Geiste anbeten. Nur soweit äußere Gebete dazu dienen, sind sie gut; wenn nicht, lasse<br />

man sie. Alles Äußere soll dem Innern dienen, wie ja alles äußere Werk am Dombau, das Steine-<br />

Herbeitragen, Zimmern und Bauen, nur der Vollendung des Domes dient, und diese wieder nur<br />

dazu, daß er ein Bethaus werde. So geschieht das ganze äußere Werk um des Gebetes willen. Und<br />

wenn der Mensch dadurch zum inneren Beten kommt, war alles, was dazu diente, gut und hat<br />

seinen Zweck erfüllt.<br />

So soll alles äußere Werk dem inneren Wirken und Gott Wirken-Lassen dienen. Dies ist aller Dinge<br />

und Kreaturen Sinn: in allen wird gewirkt und in allen wirkt Gott sich selbst aus. Sollte da der nach<br />

Gott gebildete Mensch, der sich als Kind Gottes erkennt, nicht gleichermaßen wirkend sein – nach<br />

Gott in Gott gebildet in seinen Kräften und ihm gleich nach seinem Wesen? Die edle Kreatur muß<br />

bewußter und edler wirken als die vernunftlose Kreatur: sie soll Gott in Gleichheit nachfolgen, im<br />

Wirken wie im Schauen.<br />

Wer solchermaßen alles, was er wirkt, göttlich macht, also mit allem, was ihn bewegt, zu Gott<br />

hingewendet ist und allen zeitlichen Dingen den Rücken zukehrt, dessen Werke werden auf diese<br />

Weise göttlich.<br />

Wer hingegen dies Werk versäumt und seine göttlichen Kräfte müßig liegen läßt, der lebt sich selber<br />

zum Schaden, vergeudet seine Zeit und sein Leben, ist allen zeitlichen Mächten und Einflüssen<br />

hilflos ausgeliefert und beraubt sich selbst seines göttlichen Erbes.<br />

Solche Menschen sind nicht einmütig. Einmütig im Gebet sein heißt gleichmütig mit Gott sein. Das<br />

bedeutet, daß der innere Mensch an Gott hängt in einem steten vollkommenen Gott-im-Sinn-Haben.<br />

Das ist weit mehr als das äußere Gott-im-Sinn-Haben: es ist ein ständiges inwendiges Innesein und<br />

Gewißsein der lebendigen Gegenwart Gottes in ihm.<br />

In diesem Innesein und Einssein wendet sich der im inneren Gebet gänzlich Gott zugekehrte<br />

Mensch in Erfüllung seiner irdischen Pf<strong>licht</strong>en den äußeren Werken zu, übersieht von innen her das<br />

äußerlich Notwendige ebenso rasch wie vollkommen, wie ein Meister, der viele Gesellen und<br />

Werkleute unter sich hat, die nach seinen Anweisungen wirken, indes er selbst nicht wirkt. Er ist<br />

auch nicht ständig unter ihnen, sondern gibt ihnen die Regeln und Weisungen, nach denen sie dann<br />

handeln; und doch heißt es wegen seiner Anweisungen und seiner Meisterschaft, daß alles, was sie<br />

wirkten, von ihm vollbracht sei, da es mehr sein Werk ist als derer, die es mit ihrer Hände Arbeit<br />

gewirkt haben.<br />

Genau so handelt der innere Mensch: er ruht im Innewerden der göttlichen Gegenwart und übersieht<br />

im Lichte des Innern rasch die äußeren Aufgaben und die dazu nötigen Kräfte und weist sie an, was<br />

zu tun ist; inwendig aber bleibt er gelassen und entsunken im Anblick Gottes und bleibt so durch<br />

sein Wirken in seiner inneren Freiheit ungehindert. Diesem inneren Sein dienen alle äußeren Werke,<br />

und keines ist zu gering, dazu zu dienen. So kann alle Mannigfaltigkeit gut sein, wenn sie auf die<br />

innere Einheit gerichtet ist.<br />

Paulus sprach in diesem Sinne vom corpus mysticum, vom geistigen Leib, dessen Haupt Christus<br />

ist. Der geistige Leib oder innere Mensch hat viele Glieder und Organe, deren jedes seine eigene<br />

Aufgabe und sein besonderes Werk hat; alle aber gehören dem Leibe und folgen dem Haupt.<br />

Hier muß die gleiche Einmütigkeit herrschen wie im irdischen Leibe des äußeren Menschen, in dem<br />

kein Glied und Organ dem anderen entgegensteht oder ihm Leid zufügt, vielmehr Liebe und<br />

Fürsorge füreinander herrschen und einer für alle und alle für einen wirken.<br />

Und diese Einmütigkeit des inneren Menschen ist keineswegs auf ihn selbst beschränkt, weil wir<br />

alle innerlich eins sind durch den Christus in uns, wie es Paulus (Röm. 12; 4 f.) erkannte: "Wie wir<br />

in einem Leibe viele Glieder haben, aber alle Glieder nicht einerlei Geschäft haben, so sind wir<br />

vielen ein Leib in Christo, aber untereinander ist einer des andern Glied", dient einer dem anderen

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