Johannes Tauler - DAS REICH GOTTES IN UNS - geistiges licht
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dem Willen Gottes zu überlassen.<br />
Gegen dieses völlige Lassen und Entbehren seiner selbst und Gottes ist alle vorangegangene<br />
Abwendung von der Welt und der Verzicht auf die äußeren Dinge ein Nichts. Denn nun stehen im<br />
Menschen alle Fehler und Anfechtungen, die vorher überwunden waren, wieder auf und wenden<br />
sich heftiger denn je gegen ihn. Dies alles soll er leiden, sich von Grund auf darin lassen, gelassen<br />
bleiben und immer wieder in den Grund und Willen Gottes einsenken.<br />
Mit den ersten Gaben wird man wohl ein guter und erleuchteter Mensch; aber mit dieser Gabe wird<br />
man ein göttlicher Mensch und setzt mitten im Verlassen- und Gelassensein den Fuß in das ewige<br />
Leben, in das Reich Gottes.<br />
Nach dieser letzten Todesqual kommt kein Leiden mehr; denn es ist unmöglich, daß Gott einen<br />
solchen Menschen je wieder läßt. So wenig Gott sich selbst verlassen kann, so wenig kann er einen<br />
solchen Menschen verlassen, denn er hat sich ihm gelassen und sich ihm gänzlich hingegeben. Er<br />
steht nun mit einem Fuß im Reiche Gottes und bedarf nichts mehr, als daß er auch den anderen Fuß,<br />
mit dem er noch hier in der Zeitlichkeit steht, nach sich zieht; dann ist er unmittelbar im ewigen<br />
Leben.<br />
Danach kommt die sechste und siebente Gabe: Erkenntnis und göttliche Weisheit. Diese beiden<br />
führen ihn über alle menschlichen Weisen in den göttlichen Abgrund, wo Gott sich selbst erkennt<br />
und versteht und um seine eigene Weisheit und Wesentlichkeit weiß. In diesen Abgrund senkt sich<br />
der Geist so tief und vollkommen ein, daß er von sich selbst nichts weiß. Er kennt da weder Wort<br />
noch Weise, weder Erkennen noch Lieben; denn hier ist alles ein Sein und ein Geist mit Gott.<br />
Hier gibt Gott dem Geiste, was er selbst von Natur ist, und eint den Geist seinem namenlosen,<br />
formlosen und weiselosen Wesen. Da wirkt Gott in dem Geiste und durch ihn seine Werke, und der<br />
Geist ist völlig in sich entsunken und mit ihm eins.<br />
In solcher Weise führt der Geist Gottes alle, die ihm die Stätte bereiten, damit er sie gänzlich erfülle<br />
und ganz mit ihnen eins sei.<br />
Daß wir ihn in solcher Weise empfangen und mit ihm eins werden, das gebe uns Gott!<br />
FEST DES EWIGEN LEBENS<br />
"Da spricht Jesus zu ihnen: Gehet ihr hinauf zum Fest, ich gehe noch nicht hinauf, denn meine Zeit<br />
ist noch nicht gekommen; eure Zeit aber ist allewege." Joh. 7; 8, 6<br />
Was für ein Fest meint Jesus, das wahrzunehmen er die Jünger auffordert, deren Zeit allewege ist?<br />
Es ist das höchste und wahrhafte Fest des Ewigen Lebens, des Einzugs in das Reich Gottes, darin<br />
Gott allezeit gegenwärtig ist.<br />
Alle Feste, die wir auf Erden feiern, sind nur ein Vorgeschmack dieses ewigen Festes, ein Fühlen<br />
der Gegenwart Gottes in unserem Geiste und ein inneres Genießen dieses beseligenden<br />
Bewußtseins.<br />
Das ist die Zeit, die allewege und jederzeit unser ist: daß wir Gott suchen und seine Gegenwart in<br />
uns im Sinne haben in all unserem Wirken und Leben, Wollen und Lieben. So sollen wir allezeit<br />
,hinaufgehen zum Fest', d. h. hinausschreiten über uns selbst, über unser Ich und alles, was nicht<br />
Gott ist, ihn allein minnend und meinend.<br />
Diese unsere Zeit ist allezeit.