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Johannes Tauler - DAS REICH GOTTES IN UNS - geistiges licht

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Wohl denen darum, die auf den inneren Ruf achten, auch der zweiten Einladung folgen und in den<br />

Genuß der göttlichen Nahrung kommen, damit sie nicht in den Tod fallen, d. h. in die Liebe zu den<br />

geschaffenen Dingen zurückfallen und damit ihres Adels, Erben des Reiches Gottes zu sein,<br />

verlustig gehen.<br />

Denn so handeln viele der Gerufenen und Geladenen, deren Glaube klein und deren Hingabe gering<br />

ist: wenn der Ruf ergeht, nahen ihnen Zweifel und Anfechtungen. Sie denken: "Wozu mich ins<br />

Ungewisse wagen; es ist doch wohl besser, wenn ich in der Welt bleibe und sie, die Kreaturen und<br />

Güter der Welt, die ich habe, genieße, als wenn ich all das lasse."<br />

So bleibt mancher an der Schwelle des Reiches Gottes stehen und kehrt wieder um, weil er Gott<br />

nicht vertraut. Wer aber nicht an der Schwelle zurückblickt, sondern eintritt, der folgt damit der<br />

dritten Einladung und tritt in das Reich des ewigen Lebens ein.<br />

Hieran möge nun jeder ermessen, wie nah oder fern er Christus ist. Er muß Ihm innerlich folgen<br />

und Ihn in sich suchen, wo Er im Grunde wesentlich und wirklich lebt. Er muß sich immer aufs<br />

neue in sich selber einsenken und in Stille und Schweigen ohne alle Werke und Bilder die Einheit<br />

im Geiste wahren, auf daß, wie Paulus hierzu weiter sagt, ein Leib und ein Geist sei, ein Vater und<br />

ein Gott in der Überformung des geschaffenen Geistes durch den unerschaffenen Geist, nach der<br />

nicht mehr zwei sind, sondern nur noch einer.<br />

Von da an gilt es, "würdig in dieser Berufung zu wandeln", aus dem Geiste der Einheit zu leben.<br />

Und das heißt: äußerlich die Eigenheit eines jeden zu achten, innerlich aber auf die Einheit in<br />

Christo achtzuhaben.<br />

Es bedeutet, daß der Mensch, der die obere Stufe erreicht hat, sich zuweilen in dienstwilligen<br />

Liebeswerken übt, soweit es nottut und ihm zukommt, zu anderen Zeiten sich dem heimlich entzieht<br />

und sich in Gebet und Versenkung ganz nach innen wendet, und wieder zu anderen Zeiten keines<br />

von beiden tut, sondern dem Rat des Heiligen Anselmus folgt: "Entziehe dich der Mannigfaltigkeit<br />

äußerer Werke, entschlafe dem Bildermeer der Gedanken und sitze und ruhe und erhebe dich selbst<br />

über dich selbst!"<br />

Denn wenn der Mensch gänzlich zu friedevoller Stille geworden und alle Unruhe verklungen ist,<br />

dann kommt Gott in einem sanften stillen Wehen und Wispern und richtet seinen Blick in den Geist.<br />

Und wenn der Geist der Gegenwart Gottes inne wird, geschieht es ihm zuerst wie Elias, der ob des<br />

strahlenden Lichts der göttlichen Gegenwart sein Haupt verhüllte. Das heißt: der Mensch entgleitet<br />

sich selbst, verliert seine Ichheit und entsinkt allen Dingen und Kreaturen in sein lauteres Nichts.<br />

Wenn Gott sieht, daß die Seele so gänzlich aus sich selbst herausgetreten ist in ihr Nichtsein, dann<br />

umfängt er sie mit der Kraft seiner Liebe und richtet sie auf. Diese Erhebung ist die Folge der<br />

Erniedrigung. Aus der Nichtheit entspringt als Frucht der Einheit die Allheit.<br />

Daß wir dieses göttlichen Rufes und unserer Berufung innewerden und das hohe Ziel erreichen,<br />

dazu helfe uns Gott!<br />

GOTTSUCHER S<strong>IN</strong>D GOTT GESUCHTE<br />

"Welches Weib ist, die zehn Groschen hat, von denen sie einen verlor, die nicht ein Licht anzündet,<br />

das Haus umkehrt und mit Fleiß sucht, bis sie ihn findet." Luk. 15; 8<br />

Dieses Gleichnis will – wie alle Gleichnisse – nicht äußerlich und wörtlich, sondern innerlich und<br />

geistig verstanden werden:<br />

Die Frau ist die Gottheit. Das Licht, das sie entzündet, ist das innere Licht im Menschen. Der

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