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Johannes Tauler - DAS REICH GOTTES IN UNS - geistiges licht

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Daß dies uns allen zuteil werde, dazu verhelfe uns Gott!<br />

STETE WACHSAMKEIT<br />

"Da erschien der Engel des Herrn dem Josef im Traum im Ägyptenland und sprach: Stehe auf,<br />

nimm das Kindlein und seine Mutter und ziehe in das Land Israel. Sie sind gestorben, die dem<br />

Kinde nach dem Leben trachteten." Matth. 2; 19 f.<br />

Es gibt Menschen, die sich, sowie sie nach einem neuen Wesen oder einer guten Same Verlangen<br />

tragen, sogleich mit aller Inbrunst darauf stürzen, ohne zu prüfen und zu wissen, ob ihre Kräfte<br />

ausreichen oder ob ihr Vermögen so groß sei, daß es bis zur Vollendung des Werkes genüge.<br />

Bevor einer sich einer neuen Aufgabe oder Lebensweise zuwendet, sollte er den Ausgang bedenken<br />

und die Innigkeit der Erhebung zuerst auf Gott richten und sich für den Rat Gottes innerlich<br />

aufgeschlossen halten. Denn sonst entfernt er sich bald von sich selber und von seinem Wege – und<br />

in solcher Verwegenheit verdirbt er am Ende.<br />

Als Josef mit dem Kind und der Mutter geflohen war und nachdem der Engel ihm im Schlaf gesagt<br />

hatte, daß Herodes tot sei, da hörte Josef, daß dessen Sohn, Archelaus, regiere. Deshalb blieb er<br />

weiter voll Wachsamkeit, damit das Kind nicht doch getötet werde.<br />

Herodes versinnbild<strong>licht</strong> die Welt, die das Christuskind in uns zu töten sucht, der man sich darum<br />

entziehen und der man mit Wachsamkeit begegnen soll, wenn man das Kindlein erhalten will. Wenn<br />

Du der Welt nur äußerlich entfliehst, etwa indem Du Dich in ein Kloster oder in die Einsamkeit<br />

zurückziehst, steht Archelaus dennoch auf und herrscht: die Welt steht in Dir auf, und Du<br />

überwindest sie nur, wenn Du Dich um so inbrünstiger nach innen wendest und der Hilfe von oben<br />

überlässest.<br />

Die Welt ficht Dich innerlich an mit Geltungssucht: Du willst gesehen, beachtet, geehrt werden,<br />

willst anderen gefallen durch Deine Kleider, Deinen Wandel, Deine Worte, Dein Benehmen, durch<br />

Weisheit oder Zuvorkommenheit, durch Freunde oder Verwandte, durch Gut, Ehre und andere<br />

Dinge des Lebens.<br />

Der zweite Feind ist Dein eigen Fleisch, das ficht Dich an mit geistiger Unkeuschheit. In solcher<br />

Gefahr sind, die sich der sinnlichen Lust hingeben. Darauf achte, daß nicht die Sinne den Geist<br />

beherrschen; denn wie die Leibesnatur die leibliche Materie in ihre Unkeuschheit treibt, so die<br />

innere Unkeuschheit den Geist, und so viel edler der Geist ist als das Fleisch, so viel ist die letztere<br />

schädlicher als die erstere.<br />

Der dritte Feind ist der Geist der Argherzigkeit, der Dich mit bitteren Gedanken anficht, mit<br />

Argwohn und Ablehnung, Groll und Neid, Haß und Rache. "Das hat man mir angetan, so hat man<br />

von mir gesprochen", sagst Du und zeigst ein finsteres Antlitz, finstere Gebärden und das Streben,<br />

es in Wort und Tat den anderen zu vergelten. All das gefährdet das göttliche Kind in Deiner Seele.<br />

Soll es gerettet werden, mußt Du Dich all dem entziehen und stete Wachsamkeit üben, daß es nicht<br />

das Kind töte.<br />

Und wie Josef weiter forschte, ob noch jemand da wäre, der das Kind töten wollte, so sollst auch<br />

Du bedenken, daß, wenn die genannten übel überwunden sind, andere Gefahren auf Dich lauern, die<br />

Du nur erkennst, wenn Du Dich selbst-besinnend nach innen wendest.<br />

Josef versinnbild<strong>licht</strong> eben dieses unentwegte Stehen im gottseligen Leben aus dem Geiste. Und das

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