Johannes Tauler - DAS REICH GOTTES IN UNS - geistiges licht
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Zweitens, daß wir uns dem Frieden Gottes in uns mit wachsender Willigkeit überlassen und<br />
hingeben. Denn so weit und so viel wir in Frieden sind, so tief sind wir in Gott.<br />
Drittens, daß wir uns selber in Gott entwerden und zu einem Tempel seines göttlichen Geistes<br />
werden. Dann wirkt Gott alle Werke in uns; wir wirken nichts mehr aus uns selbst, sondern handeln<br />
nur noch als Werkzeug des göttlichen Willens.<br />
Dann ist Gott, wie der Heilige Ambrosius sagt, "unser täglich Brot": unsere geistige Nahrung, die<br />
wir ständig zu uns nehmen und durch die wir am ewigen Leben teilhaben.<br />
Um aber ganz von dieser Speise verwandelt zu werden, müssen wir uns selber entwerden mit allem,<br />
woran wir mit unseren Sinnen haften, und müssen uns gänzlich lassen und hingeben, damit Gott in<br />
uns werden und wirken kann.<br />
Je unergründlicher unser Nichts, desto wesentlicher und vollkommener ist die Vereinigung. Würden<br />
wir uns so gänzlich unserer Ichheit entziehen wie Jesus, so würde unser Einssein mit dem Vater so<br />
vollkommen wie bei ihm: soviel Entwerden, soviel Werden! Soll Gott in uns sein Wort sprechen,<br />
müssen alle anderen Stimmen und Kräfte schweigen. Es geht dabei nicht um ein Tun, sondern um<br />
ein Nicht-Tun.<br />
Aber gegen dieses Entwerden sträubt sich das Ich. Es will wissen, wozu, und will dabei beteiligt<br />
sein. Sterben will es nicht. Darum schaut es um sich nach Hilfe aus, sucht bei äußeren Lehrern Rat<br />
und folgt bald diesem, bald jenem Meister und begnügt sich lieber mit dem Sinnbild, dem äußeren<br />
Sakrament, als mit dem Wesen.<br />
Doch auf dem Wege nach innen, auf der oberen Stufe, ist alles hinderlich, was auf den unteren<br />
Stufen noch weiter helfen kann. Denn mit allem Äußeren will und meint der Mensch noch sich, sein<br />
Ich, und hindert eben dadurch Christum, sein Werk in ihm zu vollbringen.<br />
Erst mit der völligen Nach-Innen-Wendung und Hingabe meint der Mensch Gott, und dann geht er<br />
den Weg des Lassens und Entwerdens, auf dem er überformt und im Genießen Gottes ganz mit Gott<br />
vereinigt wird.<br />
Das bestätigt, der es erfahren hat, Paulus, mit seinem Wort: "Wir werden verklärt in das Bild Gottes<br />
von Klarheit zu Klarheit durch den Geist Gottes."<br />
Daß wir diese Verklärung und Verwandlung alle erreichen, dazu helfe uns Gott!<br />
VOM <strong>GOTTES</strong>GRUND<br />
"Ich beuge meine Knie vor dem, der der Vater aller ist, die im Himmel und auf Erden seine Kinder<br />
heißen, daß er euch Kraft gebe nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit, stark zu werden durch<br />
seinen Geist in eurem inneren Menschen, daß Christus in euch wohne und ihr durch die Liebe<br />
eingewurzelt seid, auf daß ihr die Breite, die Länge, die Tiefe und die Höhe begreift und die Liebe<br />
Christi erkennt und erfüllt werdet mit der ganzen Fülle Gottes." Eph. 3; 14 f.<br />
Als Paulus diese Epistel schrieb, war er gefangen und wünschte, daß seine Freunde darob nicht in<br />
Sorge und Betrübnis geraten. Er wies sie auf den Weg der Gelassenheit; denn wer in rechter<br />
Gelassenheit steht, der ist für alle Tugenden und Gaben Gottes und alles Gute jederzeit<br />
empfänglich, während Betrübnis und Furcht Hindernisse auf dem Wege zu Gott sind: sie ersticken<br />
das Leben, verlöschen das Feuer der Liebe und verdunkeln das Licht.<br />
Darum sagt Paulus: "Freuet euch in dem Herrn aller Wege, und nochmals: freuet euch!"<br />
Wenn Paulus sagt: "Ich beuge meine Knie", meint er damit nicht die des äußeren Menschen,