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Johannes Tauler - DAS REICH GOTTES IN UNS - geistiges licht

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Ende.<br />

Weiter heißt der Geist Gemüt: in ihm sind alle Kräfte vereint, Vernunft und Wille. Aber damit<br />

erschöpft sich sein Wesen nicht: über alle Kräfte hinaus hat es einen überwesentlichen Grund, und<br />

wenn es diesem Grunde ganz zugekehrt ist, dann ist ihm wohl und dann wird es vom Grunde her<br />

durch<strong>licht</strong>et und erneuert.<br />

Endlich heißt der Geist auch Mensch: In ihm ist das wahre Bild der göttlichen Dreieinigkeit<br />

verborgen. In dieser Dreiheit nennt man den Geist bald den Grund, bald den Gipfel der Seele. Aber<br />

so wenig man Gott mit Namen umschreiben kann, so wenig auch den Geist. Wer zu erkennen<br />

vermöchte, wie Gott hier im Grunde wohnt, der würde von diesem Schauen selig. Die Nähe und<br />

Verwandtschaft, die Gott da zum Geiste hat, ist so unaussprechlich, daß Worte hier nur verwirren.<br />

Nun mahnt Paulus uns: "Erneuert euch in dem Geiste eures Gemüts." Das heißt: Wenn das Gemüt<br />

sich in rechter Verfassung befindet, gänzlich nach innen gewendet ist, so neigt es sich in den Grund,<br />

in dem das über alle äußeren Kräfte und Vermögen erhabene Bild Gottes ruht. Hier – im Geistgrund<br />

des Gemüts – soll man sich erneuern, indem man ständig in den Grund entsinkt und sich Gott<br />

unmittelbar, in liebendem Lassen, hingibt. Dieses Vermögen ist dem Gemüt eigen: es ist zu<br />

ständiger Hingabe an Gott fähig. Nur der äußere Mensch besitzt dieses Vermögen steter Hingabe<br />

nicht.<br />

Und so soll diese Erneuerung aus dem Geiste statthaben:<br />

Da Gott Geist ist, soll der geschaffene Geist sich in den unerschaffenen Geist Gottes mit<br />

unbeschwertem Gemüt gelassen einsenken und sich mit ihm vereinen. So wie er ewig in Gott war<br />

und in seiner Ungeschaffenheit Gott war, so soll er mit seiner Geschaffenheit sich gänzlich wieder<br />

in Gott hineintragen. In dieser Hingabe vollzieht sich die wahrste und lauterste Erneuerung, die es<br />

geben kann.<br />

"Heute habe ich dich neu geboren": Wenn der Geist völlig einsinkt und mit seinem innersten Sein<br />

in Gottes innerstes Obersein eingeht, wird er von Grund auf erneuert und neugebildet. Und so weit<br />

und so oft der Geist diesen Weg williger Hingabe geht, so weit und so oft wird er vom Geist Gottes<br />

erfüllt, überflutet und erneuert.<br />

Gott ergießt sich in ihn, wie der Sonne Licht die Luft durchdringt und so hell macht, daß man Luft<br />

und Licht nicht mehr unterscheiden kann. So sind auch Geist und Gott in diesem <strong>licht</strong>en Einssein,<br />

da der Geist in seinen Ursprung zurückgekehrt ist, nicht voneinander zu scheiden.<br />

In dieser Einkehr und Erneuerung schwingt der Geist sich über sich selbst hinaus und über alle<br />

Erleuchtung in die Über<strong>licht</strong>heit der göttlichen Finsternis, in der der Geist über allem ist, was er<br />

vorher war: namenlos, formlos, bildlos, über alle Weisen und Wesen.<br />

Zu solcher Einkehr ist die Nacht und ihre Stille sehr förderlich. Darum soll der Mensch sich oft,<br />

wenn alles Außen dunkel und still und seinen Sinnen fern ist, nach innen wenden, sich allen Sinnen<br />

und Kräften entziehen, sich gänzlich in sich selbst hineinsenken, über alle Bilder, Vorstellungen und<br />

Kräfte hinaus. Und er soll sich in dieser Dunkelheit seiner Unerkanntheit Gott gelassen hingeben,<br />

nichts fragen, nichts fordern und erwarten, sondern einzig und allein Gott im Sinne haben und<br />

lieben, und dabei alles, was er ist, hat und vorhat, was ihm lieb und leid ist an Tugenden oder<br />

Schwächen, der Liebe Gottes überlassen und anheimgeben und sich ganz in Gottes Willen lassen.<br />

Er soll also erkannte Mängel nicht auf menschliche Weise, durch Widerstehen, bekämpfen, sondern<br />

auf geistige Weise: durch Lassen. D. h. er soll diese wie sich selbst Gott überlassen, ohne den nichts<br />

vollendet werden kann. Wer sich so läßt, dem mag geschehen, was Hiob erfuhr: daß der Geist<br />

Gottes ihn im Vorübergehen berührt. Von dieser Berührung des Geistes entsteht eine große<br />

Bewegung und Erneuerung im inneren Menschen.<br />

Je klarer und wahrer diese Berührung ist, desto rascher, stärker und vollkommener ist die<br />

Umwandlung des Menschen und sein Werk, desto deutlicher erkennt er die Unzulänglichkeit und<br />

Nichtheit des Ich und desto williger und inniger läßt er sich Gott; und dann kommt Gott mit einem

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