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Johannes Tauler - DAS REICH GOTTES IN UNS - geistiges licht

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Nein: der Mensch muß sich selber entworden sein, wenn der Geist Gottes in ihm seine Gaben<br />

entfalten soll.<br />

Daß dies erreicht ist, wird daran erkannt, daß nichts von alledem, was sonst das Ich erregt, kränkt<br />

und leiden läßt, das Gemüt mehr bewegt. Alles Äußere läßt den Menschen alsdann gelassen; der<br />

Einzige, der ihn bewegt und treibt, ist der Geist Gottes in ihm.<br />

Dieser Geist und das von ihm Bewegtsein ist etwas so unaussprechlich Seliges, daß alles Große und<br />

Außerordentliche, das der Verstand sinnenhaft oder bildlich zu begreifen vermag, dagegen ein<br />

Nichts ist: Himmel, Erde, alle Kreaturen und Güter der Welt zusammen sind ihm gegenüber so viel<br />

wie ein Sandkorn zum Weltall.<br />

Und nun wenden wir uns noch einmal dem Pfingstgeschehen zu:<br />

Die Jünger waren "voll des Heiligen Geistes". Hier ist darauf zu achten, welcher Art die Lage war,<br />

in der die Jünger sich befanden, als sie so erfüllt wurden, und die jeder Mensch einnehmen muß,<br />

wenn ihm Gleiches widerfahren soll:<br />

Sie waren versammelt und saßen still, als der Geist Gottes über sie kam. Der Heilige Geist wird<br />

jedem Menschen so oft zuteil, so oft er sich mit aller Kraft von den Kreaturen abwendet und sich<br />

gänzlich nach innen, zu Gott, kehrt. In dem Augenblick, da der Mensch dies tut, kommt der Geist<br />

Gottes mit seinem ganzen Reichtum und erfüllt sogleich alle Winkel und den Grund der Seele.<br />

"Das Haus ward ganz erfüllt", in dem die Jünger saßen. Dies Haus bedeutet äußerlich die Kirche,<br />

innerlich die Seele jedes Menschen, in der der Geist Gottes wohnt. Wie es in einem Hause viele<br />

Wohnungen und Kammern gibt, so sind in der Seele des Menschen viele Sinne, Kräfte und<br />

Strebungen; in diese alle kommt er in besonderer Weise. Und wenn er kommt, so drängt und treibt<br />

er den Menschen und wirkt in ihm und erleuchtet ihn.<br />

Dieses Einströmens, Drängens und Einwirkens werden nicht alle Menschen in gleicher Weise<br />

gewahr. Und wenn der Geist Gottes auch in allen Menschen zugegen ist, so muß doch der, der<br />

seiner Gegenwart inne werden und sein Wirken erfahren will, sich zuvor in sich selbst und zu sich<br />

selbst gesammelt, sich von allem Äußeren abgeschlossen und abgeschieden und dem Geist Gottes<br />

eine Stätte in sich bereitet haben, da dieser in Ruhe und Stille wirken kann. Und je mehr er sich von<br />

Mal zu Mal dem hingibt, desto deutlicher wird er seiner inne und desto leuchtender offenbart der<br />

Geist Gottes sich ihm ungeachtet dessen, daß er von Anfang an in ihm war.<br />

Die Jünger waren ,eingeschlossen' aus Furcht vor der feindlichen Welt. Wie viel nötiger ist es dem<br />

heutigen Menschen, sein Inneres der Welt zu verschließen, die von überall her auf ihn eindringt und<br />

ihn am Innewerden des Geistes Gottes hindern und des göttlichen Trostes berauben will.<br />

Denn den Jüngern konnte die Welt nicht mehr nehmen als den Leib. Uns Heutigen aber kann sie<br />

Gott und die Seele und das ewige Leben nehmen. Darum wendet Euch mehr nach innen als nach<br />

außen und verschließt Euer Innerstes vor der Welt.<br />

Hütet Euch insbesondere vor den Ursachen der Abkehr: vor den Zerstreuungen der Welt, der<br />

Gesellschaft, der Kurzweil der Worte und Bilder und aller äußeren Weisen und Werke. Und wendet<br />

Euch den weisen und erleuchteten Menschen zu, die noch um die unmittelbare Gegenwart Gottes<br />

im Innersten der Seele wissen und davon künden.<br />

Die Jünger waren ,versammelt': Damit wird uns stete Sammlung aller unserer Kräfte, der äußeren<br />

wie der inneren, angeraten, damit der Geist Gottes eine Stätte in uns findet, wo er wirken kann.<br />

Die Jünger ,saßen', als der Heilige Geist kam. So müssen auch wir in Wahrheit sitzen, entspannt<br />

sein, nach innen gewendet, alles Äußere lassend, alle Kreaturen und Dinge, Lust und Leid, und<br />

Willen und Unwillen in Gottes Willen setzen.<br />

Denen, die danach streben und in ihrem Verhalten den Jüngern gleichen, gibt der Geist Gottes<br />

sieben Gaben und wirkt damit sieben Werke, von denen drei den Menschen zum<br />

Vollkommenwerden bereiten und die übrigen vier ihn innerlich und äußerlich vollkommen machen

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