Johannes Tauler - DAS REICH GOTTES IN UNS - geistiges licht
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Hiervon sagt Proclus: "Weil und solange der Mensch mit den äußeren Bildern umgeht und in ihnen<br />
aufgeht, ist es unmöglich, daß er in diesen Grund hinabgelangt, und solange glaubt er nicht, daß er<br />
in ihm ist. Wer aber zu ihm gelangen und seiner inne werden will, der muß sich der<br />
Mannigfaltigkeit der äußeren Bilder entzogen und sich ganz dem inneren Bilde zugewendet haben,<br />
und er muß schließlich über das Schauen des Bildes hinaus zur Bildlosigkeit weiterschreiten und<br />
eins werden mit dem Einen."<br />
Das Gleiche bezeugt Christus mit seinem Wort: "Das Reich Gottes ist in euch." Es ist inwendig im<br />
Seelengrund. Eben dies meint das Evangelium: "Wir sagen, was wir wissen, und zeugen von dem,<br />
was wir gesehen haben; aber ihr nahmt unser Zeugnis nicht an." Wie soll auch der sinnengebundene<br />
äußere Mensch dies Zeugnis annehmen. Ist es ihm vom, weil er ganz auf die äußeren Sinne und<br />
Bilder gerichtet ist, unvorstellbar und unglaubhaft. Er begreift und glaubt es ja nicht einmal, wenn<br />
man ihm die himmlischen Dinge in irdischen Bildern und Gleichnissen nahe zu bringen sucht.<br />
Wie soll er da begreifen, was unbildlich ist: daß Gott seinen Sohn immerfort gebiert – im Innersten<br />
seines Seelengrundes. Wer das erfahren und erkennen will, der muß sich nach innen wenden – weit<br />
über alles Wirken seiner äußeren und inneren Kräfte und Gedanken, über alles hinaus, was je von<br />
außen in ihn hineingetragen wurde, und muß ganz in seinen innersten Grund entsinken.<br />
Dann kommt die väterliche Kraft Gottes und ruft den inneren Menschen in sich durch seinen Sohn<br />
Christus –, und wie der Sohn aus dem Vater geboren wird und wieder in den Vater zurückfließt, so<br />
wird der Mensch in dem Sohne vom Vater geboren und fließt mit dem Sohne in den Vater zurück<br />
und wird mit ihm eins und weiß: "Ich und der Vater sind eins."<br />
Das meint das Wort Gottes: "Du sollst mich Vater nennen und sollst nicht aufhören, in mich<br />
einzugehen; heute habe im dich geboren durch meinen Sohn und in meinem Sohne." Alsdann gießt<br />
sich der Heilige Geist in unaussprechlicher Liebe und Lichtfülle aus und durchströmt und<br />
durchleuchtet den Seelengrund im Menschen mit seinen Gaben und Kräften.<br />
Von diesen sind zwei wirkend: die Güte und das Wissen. Der Mensch wird gütig und liebevoll und<br />
zugleich wird ihm die Fähigkeit der Unterscheidung dessen, was seinem Fortschreiten dienlich oder<br />
hinderlich ist. Die beiden folgenden sind lassend: das ist der Rat und die Kraft von innen. Die dritte<br />
ist schauend: die Hingabe, die empfängt und festigt alles, was der Heilige Geist gewirkt hat. Und<br />
schließlich folgen die höchsten Gaben: die Vernunft und Weisheit. Dieser göttlichen Weisheit auch<br />
nur einen Augenblick teilhaftig zu werden, ist höher und besser als alles äußere Wissen und Wirken.<br />
Hier bewahrheitet sich das Wort: "Der Heilige Geist bezeugt unserem Geiste, daß wir Gottes<br />
Kinder sind."<br />
Dieses Zeugnis finden wir in uns selbst. Ich Himmel, der in uns ist, sind drei Zeugen: der Vater, der<br />
Sohn und der Geist. Sie leuchten im Seelengrund, und der Seelengrund bezeugt es in Dir selbst,<br />
leuchtet in Deine Vernunft und gibt Dir Zeugnis von Deinem wirklichen Wesen und Leben, wenn<br />
Du es nur erkennen willst.<br />
Um es zu erkennen, mußt Du den äußeren Menschen überwunden und Dich ganz in den innersten<br />
Grund eingesenkt haben; denn draußen in den Dingen und auf weltliche Weise findest Du es nicht.<br />
Wenn man von mir sagt, ich hülfe den nach innen gewendeten Menschen, so trifft das zu: ich helfe<br />
gern allen, die je vom innersten Grund berührt und erleuchtet wurden, damit sie ganz dorthin<br />
gelangen.<br />
Wenn Du dorthin gelangen willst, achte auf drei Punkte:<br />
zum ersten, daß Du nicht Dich und das Deine, die Dinge und Kreaturen im Sinne hast,<br />
sondern einzig und allein Gott und den göttlichen Willen;<br />
zum zweiten, daß Du bei allem Tun und Lassen acht gibst, womit Du umgehst und wohin<br />
Dein Sehnen gerichtet ist: auf Deinen innersten Grund;<br />
und zum dritten, daß Du nicht auf das blickst, was außen ist, Dir nicht anmaßest, was Dir