13.11.2013 Aufrufe

Johannes Tauler - DAS REICH GOTTES IN UNS - geistiges licht

Johannes Tauler - DAS REICH GOTTES IN UNS - geistiges licht

Johannes Tauler - DAS REICH GOTTES IN UNS - geistiges licht

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Äußerlich sind sie oft schwer von den Gottesfreunden zu unterscheiden, da sie oft mehr als diese<br />

mit Übungen und Meditationen, Fasten und Frommtun befaßt sind. Doch in wem der Geist Gottes<br />

ist, der erkennt sie. In einem aber unterscheiden sie sich auch äußerlich von den Gottesfreunden: sie<br />

sind voll von Urteilen über andere Leute und Gottesfreunde, richten gern andere, nur nicht sich<br />

selbst, während die Gottesfreunde niemanden richten als sich selbst.<br />

Sie suchen in allen Dingen das Ihre. Ihre Same beherrscht ihr Denken, ihre Erfahrungen und<br />

Erkenntnisse stehen obenan, in allen ihren Angelegenheiten, auch wenn sie von Gott und göttlichen<br />

Dingen reden, suchen und meinen sie sich selbst und die Befriedigung ihres Ich. Diese pharisäische<br />

Weise ist so tief in ihrem Wesen verwurzelt, daß alle Winkel ihrer Seele voll davon sind, so daß es<br />

unmöglich scheint, davon los zu kommen.<br />

Und doch ist es auf eine Weise zu überwinden, nämlich dadurch, daß sie sich aus ihrem Ich und sich<br />

Gott so hingeben, daß Gott sie gänzlich erfüllt und ihr ganzes Wesen in Besitz nimmt, wie dies bei<br />

den wahren Gottesfreunden der Fall ist.<br />

Doch auch die Gottesfreunde müssen ständig in der Übung bleiben. Denn solange der äußere<br />

Mensch lebt, wird er nie gänzlich überwunden und getötet. Er wird sich immer wieder regen und<br />

sich als das eigentliche Hindernis offenbaren, zum wahren Licht und zur Heimkehr in Gott zu<br />

finden.<br />

Der andere Teil, der zu beachten ist, ist der kürzeste Weg und die beste Weise, um zum wahren<br />

Licht und zur Heimkehr in Gott zu gelangen:<br />

Sie besteht darin, daß wir unserem Ich entwerden und in Gott entsinken, uns ihm lassen, in allen<br />

Dingen nicht unserem, sondern Gottes Willen folgen, alles unmittelbar als von Gott kommend<br />

erkennen und willkommen heißen und ihm alles ohne Umwege und Vorbehalte unmittelbar wieder<br />

hinauf tragen, damit ein steter Einstrom und Rückstrom statthabe. Das ist der wahre Weg und die<br />

rechte Weise.<br />

Hier scheiden sich die Gottesfreunde und die Weltfreunde:<br />

Die letzteren beziehen alles auf sich, eignen sich alle Gaben an und tragen sie Gott nicht lauter<br />

wieder hinauf mit Liebe und Dankbarkeit in Selbstverleugnung und völliger Hingabe an Gott.<br />

Wer hingegen, wie die ersteren, im Aufgeben seines Ich und Hingegebensein an Gott am weitesten<br />

geht, der ist der wahre und vollkommenste Gottesfreund.<br />

Nun weiß die Seele wohl, daß Gott ist, schon vom natürlichen Licht der Vernunft. Wer aber und wo<br />

er ist, das ist ihr verborgen und unbekannt. Darum erhebt sich ihr Begehren und sie sucht und fragt<br />

unaufhörlich und wüßte gern etwas von diesem Gott, der ihr so verdeckt und verborgen ist.<br />

Bei diesem beharrlichen Suchen geht ihr ein Stern auf wie jener, von dem das Evangelium kündet:<br />

"Wir haben Christi Stern gesehen und sind gekommen, ihn anzubeten." (Matth. 2; 2)<br />

Dieser Stern ist nicht außen, sondern innen: er ist ein innerer Glanz, ein göttliches Licht – und<br />

dieses Licht kündet der Seele: Er ist jetzt geboren! und weist sie darauf hin, wo diese Geburt<br />

statthat: im innersten Grunde, wohin kein äußeres Licht hingelangt.<br />

Manche versuchen, mit ihrem natürlichen Licht, der Vernunft, nach diesem inneren Licht und der<br />

Geburt zu fahnden; aber sie erreichen es nicht, sondern bleiben zurück. Diese Geburt kann nicht<br />

gefunden werden, es sei denn, daß dasselbe innere Licht, das die Geburt kündet, der Seele dartut,<br />

was für eine Geburt es ist und wo sie statthat.<br />

Aber die Unweisen wollen nicht so lange warten, bis ihnen das göttliche Licht leuchtet, in dem die<br />

Geburt vollzogen und gefunden wird. Sondern sie versuchen vom Ich her gewaltsam<br />

durchzubrechen und wollen es mit dem natürlichen Lichte finden – und das ist nicht möglich. Sie<br />

müssen auf die Stunde warten, bis sie da ist.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!