13.11.2013 Aufrufe

Johannes Tauler - DAS REICH GOTTES IN UNS - geistiges licht

Johannes Tauler - DAS REICH GOTTES IN UNS - geistiges licht

Johannes Tauler - DAS REICH GOTTES IN UNS - geistiges licht

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

schnellen Blick und leuchtet in den Grund, um daselbst Wohnung zu nehmen und zu wirken.<br />

Wenn man dieser Gegenwart Gottes inne wird, soll man ihm das Werk überlassen, selbst zu<br />

schweigender Stille werden und nichts tun, sondern Gott wirken lassen. Und wenn danach der<br />

Mensch wieder sich selbst überlassen wird und Gottes Wirken im Innern nicht mehr erkennbar ist,<br />

soll er wieder selbst wirken und seine irdischen Aufgaben mit aller Hingabe erfüllen.<br />

So soll er zu Zeiten wirken und zu Zeiten lassen, wie der Geist Gottes ihn mahnt und treibt, und<br />

sich immer dem zuwenden, von dem er fühlt, daß es ihn am stärksten zu Gott hinzieht und hinführt<br />

– sei es Wirken oder Stillesein.<br />

Dem innersten Seelengrund ist nichts so nahe wie Gott: wer ihn da sucht, der findet ihn auch. Er<br />

muß sich nur dem gegenwärtigen Gott innerlich mit allen Kräften hingeben und überlassen, dann<br />

wird ihm in der Erhebung und Erneuerung des Gemüts über alle Bilder und Formen die Freiheit des<br />

Geistes gegeben.<br />

Und wenn er ganz in diesem inneren Wirken stünde – und Gott gäbe ihm auf, die Seligkeit der<br />

Hingabe zu lassen und hinzugehen, um einem Kranken zu dienen oder einem Notleidenden zu<br />

helfen, soll er das in Frieden und Gelassenheit tun. Dann mag es geschehen, daß Gott ihm in<br />

solchem Werk gegenwärtiger ist und mehr Gutes zufügt als in der tiefsten Gottschau.<br />

Im übrigen aber sollen die edlen Menschen, wenn sie sich nachts und morgens in der Frühe in<br />

solcher Einkehr geübt haben, tagsüber in Frieden ihre Geschäfte erledigen – jeder, wie Gott es ihm<br />

fügt –, und sollen in ihren Werken achtgeben, daß darin Gottes Wille geschieht und nicht der ihre.<br />

Das sind die ,geistlich Armen', von denen die Bergpredigt spricht, die sich selbst und das Ihre<br />

lassen, sich Gott überlassen und sich von ihm leiten lassen – sei es zum Tun oder zum Nicht-Tun.<br />

Anfänger auf dem Wege nach innen brauchen viel Zeit, bis sie wesentlich werden, da sie von Natur<br />

dazu neigen, sich nach außen zu wenden; aber wenn sie sich gewöhnen, mehr und mehr sich und<br />

alle Dinge Gott zu überlassen, werden sie durch solches Lassen rascher voranschreiten als durch ihr<br />

Tun.<br />

Es ist unglaublich, wie rasch oft das innere Wachstum vor sich geht: mit jedem Gedanken, jedem<br />

Wort und Werk, wie klein es auch sei, wenn sie damit nur auf Gott abzielen. Solchen Menschen ist<br />

es dienlich, wenn sie lange leben; denn ihr Wachsen und Neuwerden geht unaufhörlich weiter, wenn<br />

sie nur auf ihrem Wege nicht stehen bleiben, sondern unentwegt weiterschreiten.<br />

Zumeist wissen solche Menschen es gar nicht, daß sie so gut daran sind; deshalb leben sie<br />

bescheiden und einfach dahin. Gott verbirgt ihnen ihr Zunehmen, damit das Ich sich nicht aufbläht<br />

und alles verdirbt. Je bescheidener und williger, desto tiefer sinkt ihr Geist in den Grund.<br />

Nun mag es sein, daß ein solcher Mensch von denen, die in der Welt viel gelten und großtun und<br />

gerne weise und heilig scheinen, gescholten und zurechtgewiesen wird. Sie werden ihm sagen, er<br />

habe Unrecht; sie hätten mehr gelesen und wüßten besser Bescheid.<br />

Alsdann handelt er recht, wenn er sich läßt, zu ihren Reden gelassen schweigt und inwendig spricht:<br />

"Gott, Du weißt, ich habe nichts als Dich im Sinn!" Dann wird er von innen her erneuert und zieht<br />

den neuen Menschen an, der nach Gott geschaffen ist in Gerechtigkeit und Heiligkeit.<br />

Daß wir uns alle so in Gelassenheit Gott zuwenden, aus dem Geiste Gottes erneuert und mit Gott<br />

geeint werden, dazu helfe uns Gott!

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!