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Tag des offenen Denkmals 2013 - Denkmalpflege Baden-Württemberg

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Grußwort<br />

Grußwort von Johannes Schmalzl und Prof. Dr. Claus Wolf<br />

Das Motto <strong>des</strong> <strong>Tag</strong>s <strong>des</strong> <strong>offenen</strong> <strong>Denkmals</strong> <strong>2013</strong> „Jenseits <strong>des</strong> Guten und Schönen: Unbequeme<br />

Denkmale?“ widmet sich nicht einem Aspekt der Entstehungs- oder Baugeschichte<br />

oder einem ausgewählten Baumaterial, sondern rückt vielmehr unser Verhältnis zu Kulturdenkmalen<br />

der besonderen Art in den Blickpunkt. Die Dialektik zwischen Denkmal und<br />

Betrachter und der Eindruck <strong>des</strong> „Unbequemen“ kann persönlicher wie auch kollektiver<br />

Art sein. Warum wird ein Kulturdenkmal „unbequem“? Was macht das „Jenseitige <strong>des</strong><br />

Guten und Schönen“, also das Schlechte und Hässliche eines <strong>Denkmals</strong> aus? Sind „Bequem“<br />

und „Gut und Schön“ als Synonyme oder Formeln einer Gleichung zu betrachten?<br />

Ein Kulturdenkmal kann im Erhalt oder in der Nutzung finanziell „unbequem“ sein, wenn<br />

erforderliche Sanierungsmaßnahmen anstehen. Im Fall von Krankenhäusern <strong>des</strong> 19. Jahrhunderts<br />

oder dem Wohnungsbau der Jahrhundertwende entspricht der Komfort nicht<br />

unseren ästhetischen oder technischen Ansprüchen, was diese „unbequem“ macht. Auch<br />

das „Hässliche“ ist unserem gewandelten Geschmack geschuldet, sodass wir Bürobauten<br />

oder Kaufhäuser der 1950er, 1960er und 1970er Jahre vielleicht als „jenseits <strong>des</strong> Schönen“<br />

wahrnehmen. Die Baugeschichte oder –zeit oder auch die vergangene Nutzung eines<br />

Kulturdenkmals, wie Bauten der NS- und DDR-Zeit oder Gefängnisse befördern bei uns<br />

ein Gefühl <strong>des</strong> „Schlechten“ und „Hässlichen“. Die gesellschaftliche Wahrnehmung der<br />

„Unbequemlichkeit“ eines Kulturdenkmals und seine Einordnung „jenseits <strong>des</strong> Guten und<br />

Schönen“ liegen in diesem Fall in seiner Historie begründet.<br />

Jede Stadt und Gemeinde verfügt in der einen oder anderen Art über ein solches „unbequemes“<br />

Denkmal und muss sich in der Öffentlichkeit mit den vorgenannten Fragestellungen<br />

auseinandersetzen. Die Wahrnehmung <strong>des</strong> „Unbequemen“ wird in der heutigen<br />

Zeit meist mit der Finanzierung <strong>des</strong> Erhalts oder der Umnutzung verknüpft, doch dürfen<br />

andere Gesichtspunkte nicht vernachlässigt werden. Je<strong>des</strong> Kulturdenkmal beinhaltet<br />

immer auch Aspekte, die der Erhaltung wert sind. Ein den heutigen Ansprüchen an<br />

Grundriss oder Raumaufteilung nicht mehr entsprechen<strong>des</strong> Verwaltungsgebäude mit<br />

Großraumbüros gibt Aufschluss über Theorien zu sich ändernden Büroabläufen und<br />

Kommunikation. Pflegeanstalten <strong>des</strong> 19. Jahrhunderts überliefern uns die für die Bauzeit<br />

geltenden Praktiken im Pflege- und Heilwesen. Kaufhäuser der 1950er und 1960er Jahre<br />

erzählen vom Konsum- und Freizeitverhalten der Jahre <strong>des</strong> wirtschaftlichen Aufschwungs.<br />

Grenzsteine, Kleindenkmale am Wegesrand, die oft nicht wahrgenommen werden, machen<br />

frühere Lan<strong>des</strong>- und Herrschaftsgrenzen und damit Gerichtshoheiten kenntlich. Diese<br />

Kulturdenkmale der unterschiedlichsten Gattungen überliefern gelebte Geschichte und<br />

Geschichten, aber auch architektonischen Fortschritt, Neuerungen in Technik und<br />

Wissenschaft. Das Moment der Mahnung ist ein entscheiden<strong>des</strong> Element, ein „hässliches“<br />

oder „schlechtes“ Denkmal in den Fokus zu rücken. Insbesondere die Großbauten der<br />

NS- und DDR-Zeit werden wegen ihrer Ausdehnung oder Anordnung der Räume zumeist<br />

als „unbequem“ im Erhalt und in ihrer Umnutzung wahrgenommen. So kann die<br />

Beantwortung der Frage, ob „bequem“ und „gut und schön“ als Synonyme austauschbar<br />

sind, nur eine theoretische bleiben. Die Auseinandersetzung und Entscheidung darüber,<br />

welche Denkmale geschützt oder abgerissen werden und die Gründe hierfür, müssen sorgfältig<br />

und bewusst erfolgen. Diese Diskussion muss auf der Grundlage <strong>des</strong> <strong>Denkmals</strong>chutzgesetzes<br />

zwischen Vertretern der Fachbehörden, verschiedener wissenschaftlicher<br />

Disziplinen und der Öffentlichkeit stattfinden.<br />

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