17.11.2013 Aufrufe

Nietzsche: Jenseits von Gut und Bose / Zur Genealogie der Moral

Nietzsche: Jenseits von Gut und Bose / Zur Genealogie der Moral

Nietzsche: Jenseits von Gut und Bose / Zur Genealogie der Moral

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

:<br />

— 355 —<br />

zu machen, bis zu welchem Grade die Grausamkeit<br />

die grosse Festfreude <strong>der</strong> älteren Menschheit ausmacht,<br />

ja als Ingredienz fast je<strong>der</strong> ihrer Freuden zugemischt<br />

ist; wie naiv andrerseits, wie unschuldig ihr<br />

Bedürfniss nach Grausamkeit auftritt, wie gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

gerade die „uninteressirte Bosheit" (o<strong>der</strong>, mit Spinoza<br />

zu reden, die sympathia tnalevolens) <strong>von</strong> ihr als normale<br />

Eigenschaft des Menschen angesetzt wird —<br />

somit als<br />

Etwas, zu dem das Gewissen herzhaft Ja sagtl<br />

Für ein tieferes Auge wäre vielleicht auch jetzt noch<br />

genug <strong>von</strong> dieser ältesten <strong>und</strong> gründlichsten Festfreude<br />

des Menschen wahrzunehmen; in „<strong>Jenseits</strong> <strong>von</strong> <strong>Gut</strong> <strong>und</strong><br />

Böse" S. 125 ff. (früher schon in <strong>der</strong> „Morgenröthe"<br />

S. 25. 76. iio f.) habe ich mit vorsichtigem Finger auf<br />

die immer wachsende Vergeistigung <strong>und</strong> „Vergöttlichung"<br />

<strong>der</strong> Grausamkeit hingezeigt, welche sich durch<br />

die ganze Geschichte <strong>der</strong> höheren Cultur hindurchzieht<br />

(<strong>und</strong>, in einem bedeutenden Sinne genommen, sie sogar<br />

ausmacht). Jedenfalls ist es noch nicht zu lange her,<br />

dass man sich fürstliche Hochzeiten <strong>und</strong> Volksfeste<br />

grössten Stils ohne Hinrichtungen, Folterungen o<strong>der</strong><br />

etwa ein Autodafe nicht zu denken wusste, insgleichen<br />

keinen vornehmen Haushalt ohne Wesen, an denen man<br />

unbedenklich seine Bosheit <strong>und</strong> grausame Neckerei auslassen<br />

konnte (— man erinnere sich etwa Don Quixote's<br />

am Hofe <strong>der</strong> Herzogin: wir lesen heute den ganzen Don<br />

Quixote mit einem bittren Geschmack auf <strong>der</strong> Zunge,<br />

mit einer Tortur <strong>und</strong> würden damit seinem Urheber<br />

fast<br />

<strong>und</strong> dessen Zeitgenossen sehr fremd, sehr dunkel sein, —<br />

sie lasen ihn mit allerbestem Gewissen als das heiterste<br />

<strong>der</strong> Bücher, sie lachten sich an ihm fast zu Tod). Leiden<br />

-sehn thut wohl, Leiden -machen noch wohler —<br />

das ist ein harter Satz, aber ein alter mächtiger mensch-<br />

23*

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!