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Nietzsche: Jenseits von Gut und Bose / Zur Genealogie der Moral

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— 431 —<br />

für das Hier-sein <strong>und</strong> Mensch-sein zu schaffen, — eben<br />

mit dieser Macht häJf- er die ganze Heerde <strong>der</strong> Missrathnen,<br />

Verstimmten, Schlechtweggekommnen , Verunglückten,<br />

An - sich - Leidenden je<strong>der</strong> Art am Dasein<br />

fest, indem er ihnen instinktiv als Hirt vorangeht. Man<br />

versteht mich bereits: dieser asketische Priester, dieser<br />

anscheinende Feind des Lebens, dieser Verneinende, —<br />

er gerade gehört zu den ganz grossen conservirenden<br />

<strong>und</strong> Ja<br />

- s c h a ffe n d e n Gewalten des Lebens . . . Woran<br />

sie hängt, jene Krankhaftigkeit? Denn <strong>der</strong> Mensch ist<br />

kränker, unsicherer, wechseln<strong>der</strong>, unfestgestellter als<br />

irgend ein Thier sonst, daran ist kein Zweifel, — er ist<br />

das kranke Thier: woher kommt das? Sicherlich hat<br />

er auch mehr gewagt, geneuert, getrotzt, das Schicksal<br />

herausgefor<strong>der</strong>t als alle übrigen Thiere zusammen genommen:<br />

er, <strong>der</strong> grosse Experimentator mit sich, <strong>der</strong><br />

Unbefriedigte, Ungesättigte, <strong>der</strong> um die letzte Herrschaft<br />

mit Thier, Natur <strong>und</strong> Göttern ringt, — er, <strong>der</strong> immer<br />

noch Unbezwungne, <strong>der</strong> ewig-Zukünftige, <strong>der</strong> vor seiner<br />

eignen drängenden Kraft keine Ruhe mehr findet, so<br />

dass ihm seine Zukunft unerbittlich wie ein Sporn im<br />

Fleische je<strong>der</strong> Gegenwart wühlt: — wie sollte ein solches<br />

muthiges <strong>und</strong> reiches Thier nicht auch das am meisten<br />

gefährdete, das am längsten <strong>und</strong> tiefsten kranke unter<br />

allen kranken Thieren sein? . . . Der Mensch hat es satt,<br />

oft genug, es giebt ganze Epideniien dieses Satthabens<br />

(— so um 1348 herum, zur Zeit des Todtentanzes): aber<br />

selbst<br />

noch dieser Ekel, diese Müdigkeit, dieser Verdruss<br />

an sich selbst, — Alles tritt an ihm so mächtig heraus,<br />

dass es sofort wie<strong>der</strong> zu einer neuen Fessel wird. Sein<br />

Nein, das er zum Leben spricht, bringt wie durch einen<br />

Zauber eine Fülle zarterer Ja's an's Licht; ja wenn er<br />

sich verw<strong>und</strong>et, dieser Meister <strong>der</strong> Zerstörung, Selbst-

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