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Nietzsche: Jenseits von Gut und Bose / Zur Genealogie der Moral

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— 40I —<br />

Luther-Komödie wie<strong>der</strong> einmal zu Gemüthe zu führen,<br />

denn es<br />

giebt <strong>und</strong> gab unter den Deutschen immer viele<br />

Verleum<strong>der</strong> <strong>der</strong> Sinnlichkeit; <strong>und</strong> Luther's Verdienst ist<br />

vielleicht in Nichts grösser als gerade darin, den Muth<br />

zu seiner Sinnlichkeit gehabt zu haben (— man hiess<br />

sie damals, zart genug, die „evangelische Freiheit" . . .)<br />

Selbst aber in jenem Falle, wo es wirklich jenen Gegensatz<br />

zwischen Keuschheit <strong>und</strong> Sinnlichkeit giebt, braucht<br />

es glücklicher Weise noch lange kein tragischer Gegensatz<br />

zu sein. Dies dürfte wenigstens für alle wohlgeratheneren,<br />

wohlgemutheren Sterblichen gelten, welche<br />

ferne da<strong>von</strong> sind, ihr labiles Gleichgewicht zwischen<br />

„Thier <strong>und</strong> Engel" ohne Weiteres zu den Gegengründen<br />

des Daseins zu rechnen, — die Feinsten <strong>und</strong> Hellsten,<br />

gleich Goethen, gleich Hafis, haben darin sogar einen<br />

Lebensreiz mehr gesehn.<br />

Solche „Wi<strong>der</strong>sprüche" gerade<br />

verführen zum Dasein . . . Andrerseits versteht es sich<br />

nur zu gut, dass wenn einmal die verunglückten Schweine<br />

dazu gebracht werden, die Keuschheit anzubeten — <strong>und</strong><br />

es giebt solche Schweine! — sie in ihr nur ihren Gegensatz,<br />

den Gegensatz zum verunglückten Schweine sehn<br />

<strong>und</strong> anbeten werden — oh mit was für einem tragischen<br />

Gegrunz <strong>und</strong> Eifer! man kann es sich denken — jenen<br />

,<br />

peinlichen <strong>und</strong> überflüssigen Gegensatz, den Richard<br />

Wagner unbestreitbar am Ende seines Lebens noch hat<br />

in Musik setzen <strong>und</strong> auf die Bühne stellen wollen. Wozu<br />

doch? wie man billig fragen darf. Denn was giengen<br />

ihn, was gehen uns die Schweine an? —<br />

Dabei ist freilich jene andre Frage nicht zu umgehn ><br />

was ihn eigentlich jene männliche (ach, so unmännliche)<br />

<strong>Nietzsche</strong>, Werke Band VH.<br />

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