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Nietzsche: Jenseits von Gut und Bose / Zur Genealogie der Moral

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— 471 —<br />

wenn Nichts sich mehr als göttlich erweist, es sei denn<br />

<strong>der</strong> Irrthum, die Blindheit, die Lüge, — wenn Gott selbst<br />

sich als unsre längste Lüge erweist?" An dieser<br />

Stelle thut es noth, Halt zu machen <strong>und</strong> sich lange zu<br />

besinnen. Die Wissenschaft selber bedarf nunmehr<br />

einer Rechtfertigung (womit noch nicht einmal gesagt<br />

sein soll, dass es eine solche für sie giebt). Man sehe<br />

sich auf diese Frage die ältesten <strong>und</strong> die jüngsten Philosophien<br />

an: in ihnen allen fehlt ein Bewusstsein darüber,<br />

inwiefern <strong>der</strong> "Wille zur Wahrheit selbst erst einer<br />

Rechtfertigung bedarf, hier ist eine Lücke in je<strong>der</strong><br />

Philosophie — woher kommt das?<br />

Weil das asketische<br />

Ideal über alle Philosophie bisher Herr war, weil Wahrheit<br />

als Sein, als Gott, als oberste Instanz selbst gesetzt<br />

wurde, weil Wahrheit gar nicht Problem sein durfte.<br />

Versteht man dies „durfte"? — Von dem Augenblick an,<br />

wo <strong>der</strong> Glaube an den Gott des asketischen Ideals verneint<br />

ist, giebt es auch ein neues Problem: das<br />

vom Wert he <strong>der</strong> Wahrheit. — Der Wille zur Wahrheit<br />

bedarf einer Kritik — bestimmen wir hiermit unsre<br />

eigene Aufgabe — , <strong>der</strong> Werth <strong>der</strong> Wahrheit ist versuchsweise<br />

einmal in Frage zu stellen... (Wem dies zu<br />

kurz gesagt scheint, dem sei empfohlen, jenen Abschnitt<br />

<strong>der</strong> „fröhlichen Wissenschaft" nachzulesen, welcher den<br />

Titel trägt: „Inwiefern auch wir noch fromm sind"<br />

S. 272 ff, am besten das ganze fünfte Buch des genannten<br />

Werks, insgleichen die Vorrede zur „Morgenröthe".)<br />

25-<br />

Nein! Man komme mir nicht mit <strong>der</strong> Wissenschaft,<br />

wenn ich nach dem natürlichen Antagonisten des asketischen<br />

Ideals suche, wenn ich frage: „wo ist <strong>der</strong> geg-

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