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Nietzsche: Jenseits von Gut und Bose / Zur Genealogie der Moral

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- 384 —<br />

bildende <strong>und</strong> vergewaltigende Natur dieser Kraft auslässt,<br />

hier eben <strong>der</strong> Mensch selbst, sein ganzes thierisches<br />

altes Selbst ist — <strong>und</strong> nicht, wie in jenem<br />

grösseren <strong>und</strong> augenfälligeren Phänomen, <strong>der</strong> andre<br />

Mensch, die andren Menschen. Diese heimliche Selbst-<br />

Vergewaltigung, diese Künstler-Grausamkeit, diese Lust,<br />

sich selbst als einem schweren wi<strong>der</strong>strebenden leidenden<br />

Stoffe eine Form zu geben, einen Willen, eine<br />

Kritik, einen Wi<strong>der</strong>spruch, eine Verachtung, ein Nein<br />

einzubrennen, diese unheimliche <strong>und</strong> entsetzlich -lustvolle<br />

Arbeit einer mit sich selbst willig -zwiespältigen Seele,<br />

welche sich leiden macht, aus Lust am Leidenmachen,<br />

dieses ganze aktivische „schlechte Gewissen" hat zuletzt<br />

— man erräth es schon — als <strong>der</strong> eigentliche<br />

Mutterschooss idealer <strong>und</strong> imaginativer Ereignisse auch<br />

eine Fülle <strong>von</strong> neuer befremdlicher Schönheit <strong>und</strong> Bejahung<br />

an's Licht gebracht <strong>und</strong> vielleicht überhaupt<br />

erst die Schönheit . . , Was wäre denn „schön", wenn<br />

nicht erst <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>spruch sich selbst zum Bewusstsein<br />

gekommen wäre, wenn nicht erst das Hässliche zu sich<br />

selbst gesagt hätte: „ich bin hässlich"?... Zum Mindesten<br />

wird nach diesem Winke das Räthsel weniger räthselhaft<br />

sein, in wiefern in wi<strong>der</strong>sprüchlichen Begriffen, wie<br />

Selbstlosigkeit, Selbstverleugnung, Selbstopferung<br />

ein Ideal, eine Schönheit angedeutet sein<br />

kann; <strong>und</strong> Eins weiss man hinfort, ich zweifle nicht<br />

daran — , welcher Art nämlich <strong>von</strong> Anfang an die Lust<br />

ist, die <strong>der</strong> Selbstlose, <strong>der</strong> Sich -selbst -Verleugnende,<br />

Sich -selber -Opfernde empfindet: diese Lust gehört zur<br />

Grausamkeit — Soviel vorläufig zur Herkunft des „Unegoistischen"<br />

als eines moralischen Werthes <strong>und</strong> zur<br />

Absteckung des Bodens, aus dem dieser Werth gewachsen<br />

ist: erst das schlechte Gewissen, erst <strong>der</strong> Wille

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