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Nietzsche: Jenseits von Gut und Bose / Zur Genealogie der Moral

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— 79 —<br />

wiesen werden könne, ~ das Objekt auch nicht: die<br />

Möglichkeit einer Scheinexistenz des Einzel-Subjekts,<br />

also „<strong>der</strong> Seele", mag ihm nicht immer fremd gewesen<br />

sein, jener Gedanke, welcher als Vedanta - Philosophie<br />

schon einmal <strong>und</strong> in ungeheurer Macht auf Erdeu dagewesen<br />

ist.<br />

55.<br />

Es giebt eine grosse Leiter <strong>der</strong> religiösen Grausamkeit,<br />

mit vielen Sprossen; aber drei da<strong>von</strong> sind die<br />

wichtigsten.<br />

Einst opferte man seinem Gotte Menschen,<br />

vielleicht gerade solche, welche man am besten hebte,<br />

— dahin gehören die Ersthngs -Opfer aller Vorzeit-<br />

Religionen, dahin auch das Opfer des Kaiser Tiberius<br />

in <strong>der</strong> Mithrasgrotte <strong>der</strong> Insel Capri, jener schauerUchste<br />

aller römischen Anachronismen.<br />

Dann, in <strong>der</strong> moralischen<br />

Epoche <strong>der</strong> Menschheit, opferte man seinem Gotte die<br />

stärksten Instinkte, die man besass, seine „Natur"; diese<br />

Festfreude glänzt im grausamen Blicke des Asketen,<br />

des begeisterten „Wi<strong>der</strong>- Natürlichen". Endlich: was<br />

blieb noch übrig zu opfern? Musste man nicht endlich<br />

einmal alles Tröstliche, Heilige, Heilende, alle Hoffnung,<br />

allen Glauben an verborgene Harmonie, an zukünftige<br />

Sehgkeiten <strong>und</strong> Gerechtigkeiten opfern? musste man<br />

licht Gott selber opfern <strong>und</strong>, aus Grausamkeit gegen<br />

sich, den Stein, die Dummheit, die Schwere, das Schicksal,<br />

das Nichts anbeten? Für das Nichts Gott opfern —<br />

dieses paradoxe Mysterium <strong>der</strong> letzten Grausamkeit blieb<br />

dem Geschlechte, welches jetzt eben herauf kommt, aufgespart:<br />

wir Alle kennen schon etwas da<strong>von</strong>. —

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