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NETZNEUTRALTIÄT<br />

„All bits are created equal“ – diesen Satz verbindet man<br />

in den Vereinigten Staaten mit der Diskussion um die<br />

„Netzneutralität“. Dort wollten die Internet Service<br />

Provider (ISP) in den letzten Jahren eine Kontrollmöglichkeit<br />

über die transportierten Datenströme einführen.<br />

In Einzelfällen wurden bestimmte Inhalte oder<br />

Dienste blockiert, in anderen Fällen waren bestimmte<br />

Dienste nur aus bestimmten Netzen erreichbar. Dieses<br />

Vorgehen führte in den USA aus mindestens drei<br />

Gründen zu heftigen Diskussionen mit großem Widerhall<br />

in Politik und Presse.<br />

1. Viele Haushalte in den USA werden nur durch<br />

einen ISP versorgt, so dass die Kunden nicht die<br />

Möglichkeit haben, einen Anbieter mit unliebsamen<br />

Praktiken zu verlassen. Ein Wettbewerb im physikalischen<br />

und logischen Internetzugang findet großflächig<br />

nicht statt, so dass die Praktiken der ISP von<br />

vielen Beobachtern als Inhaltekontrolle oder Zensur<br />

bezeichnet wurden.<br />

2. Die großen Dienste- und Inhaltanbieter der Welt<br />

sind in den USA beheimatet. Sie sahen ihr Geschäftsmodell<br />

durch die Praktiken der ISP bedroht. So gründeten<br />

Google, Amazon, eBay und Skype die „Open<br />

Internet Coalition“ als Interessensvertretung, um die<br />

ISP in die Schranken zu weisen. Diese Unternehmen<br />

verfügen über beste Kontakte zur US-amerikanischen<br />

Regierung, bspw. gehört der langjährige Google-CEO<br />

und jetzige Verwaltungsrat Eric Schmidt zum Beraterstab<br />

von Barack Obama und war auch als Regierungsmitglied<br />

im Gespräch.<br />

3. Es bildete sich in der Netzgemeinde eine ‚grass<br />

roots“-Bewegung, die jegliches Eingreifen von ISP in<br />

die Datenströme ablehnt. Hier wurden primär zwei<br />

Argumente ins Feld geführt. Zum einen dürfe die<br />

Meinungsfreiheit nicht eingeschränkt werden. Diese<br />

umfasse den ungehinderten Zugang zu Informationen<br />

und Diensten. Zum anderen führten die Eingriffe der<br />

ISP dazu, dass die Möglichkeit für kleine Inhalte- und<br />

Diensteanbieter erfolgreich ein neuen Geschäftsmodell<br />

zu etablieren, beschnitten würden („the next google<br />

won’t be successful“).<br />

Diese Diskussion schwappte vor ca. sechs Jahren<br />

erst langsam, spätestens seit zwei Jahren kräftig nach<br />

Europa über. Sie war von Anfang an von der Tatsache<br />

gekennzeichnet, dass man zwar an der Oberfläche<br />

und in der Semantik die gleiche Diskussion wie in den<br />

USA führte, aber die deutlich unterschiedlichen Hintergründe<br />

und Ausgangspunkte nicht (hinreichend)<br />

reflektierte. In Deutschland haben fast alle Kunden<br />

die Wahl zwischen verschiedenen Netzbetreibern und<br />

ISP. Die Überwachung, Kontrolle und in weiten Teilen<br />

auch das „Mitlesen“ der Inhalte von Telekommunikation<br />

ist verboten. Das Grundgesetz schützt Meinungsund<br />

Pressefreiheit sowie das Telekommunikations- und<br />

Fernmeldegeheimnis. Das Bundesverfassungsgericht<br />

hat das Recht auf informationelle Selbstbestimmung<br />

mit Verfassungsrang ausgestattet.<br />

Aus diesen Gründen sind alle Diskussionen, die sich<br />

um die Kontrolle, die Beeinflussung, das Ausbremsen<br />

und Blockieren von bestimmten Inhalten drehen, in<br />

Deutschland per se irrelevant, da rein rechtlich nicht<br />

möglich. Hinzu kommt, dass kein ISP oder Netzbetreiber<br />

in Deutschland jemals den Willen oder den Wunsch<br />

geäußert hat, die Inhalte seiner Kunden kontrollieren zu<br />

wollen. Diese Position wird vom <strong>BREKO</strong> und den anderen<br />

TK-Verbänden seit Jahren wiederholt und ebenso<br />

lange von verschiedenen interessierten Gruppen in der<br />

Diskussion ignoriert oder bezweifelt. Auch an dieser<br />

Stelle sei daher betont: das Grundgesetz gilt, kein BRE-<br />

KO-Mitgliedsunternehmen wird die Datenströme nach<br />

Inhalte selektieren.<br />

Abgesehen von der Unantastbarkeit der Grundrechte<br />

- wie steht nun der <strong>BREKO</strong> zur Netzneutralitätsdebatte?<br />

Hierzu ist es sinnvoll, neben den US-amerikanischen<br />

Wurzeln der Diskussion, die technischen Hintergründe <br />

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