26.03.2014 Aufrufe

PC Games Magazin Watch Dogs (Vorschau)

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Interview mit Uwe Engelhard<br />

South Park: Der Stab der Wahrheit erschien<br />

nicht wie geplant am 6. März in Deutschland.<br />

Ubisoft musste den Release kurzfristig verschieben.<br />

Der Grund: Offenbar wurde bei der<br />

Zensur des von Obsidian Entertainment entwickelten<br />

Rollenspiels ein Hakenkreuz übersehen<br />

und nicht entsprechend entfernt. Spiele mit NS-<br />

Symbolen erhalten in Deutschland in der Regel<br />

keine USK-Kennzeichnung und dürfen somit<br />

nicht verkauft werden.<br />

Bei Unterhaltungsfilmen wie Indiana Jones oder<br />

Inglourious Basterds ist das anders. Die erhalten<br />

eine Kennzeichnung und dürfen in Kino und TV<br />

gezeigt werden. Wie kommt es zu dieser Ungleichbehandlung?<br />

Diese Frage richteten wir an<br />

die Oberste Landesjugendbehörde (OLJB). Für<br />

das Interview stand uns Uwe Engelhard, Ständiger<br />

Vertreter der Obersten Landesjugendbehörden<br />

bei der USK, Rede und Antwort.<br />

<strong>PC</strong> <strong>Games</strong>: Die Unterhaltungssoftware<br />

Selbstkontrolle (USK) versagt in der Regel die<br />

Kennzeichnung von Videospielen aufgrund von<br />

sogenannten NS-Symbolen, während Unterhaltungsfilme<br />

wie Indiana Jones oder Inglourious<br />

Basterds eine Kennzeichnung bekommen. Wie<br />

kommt es zu dieser Ungleichbehandlung?<br />

Engelhard: „Videospiele und Filme haben viele<br />

Gemeinsamkeiten, aber auch wesentliche<br />

Unterschiede. Beide sind audiovisuelle Medien,<br />

doch im Gegensatz zum Film sind Videospiele<br />

interaktiv. Ein Spieler ist also nicht nur<br />

„Schon jetzt werden in den Prüfungen<br />

künstlerische Aspekte beachtet. “<br />

Uwe Engelhard, Ständiger Vertreter der Obersten Landesjugendbehörden (USK)<br />

Rezipient eines feststehenden Inhalts, sondern<br />

kann als Akteur in die Handlung eingreifen, die<br />

Spielwelt gestalten und so neue Bedeutungszusammenhänge<br />

konstruieren.<br />

Kurz: Spiele sind keine Filme! Deshalb ist es<br />

auch legitim, wenn Spiele und Filme in bestimmten<br />

Punkten unterschiedlich behandelt werden.“<br />

<strong>PC</strong> <strong>Games</strong>: Am 24. Januar 2014 gab die<br />

Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle in<br />

einer Pressemeldung bekannt, dass die Leitkriterien<br />

der USK nun den Kunstaspekt von<br />

Spielen würdigen. Wird diese Änderung der<br />

Kriterien dazu führen, dass Videospiele mit<br />

verfassungsfeindlichen Symbolen in Zukunft<br />

in einzelnen Fällen eine USK-Kennzeichnung<br />

bekommen?<br />

Engelhard: „Die USK-Leitkriterien wurden<br />

nun – verkürzt gesagt – dahingehend konkretisiert,<br />

dass Computerspiele Kunst sein können.<br />

Für die Prüfpraxis ist das nichts Neues.<br />

Schon jetzt werden in den Prüfungen künstlerische<br />

Aspekte in Spielen beachtet, wie<br />

zum Beispieldie audiovisuelle Gestaltung,<br />

dramaturgische Elemente oder die Charakterdarstellung.<br />

Wenn es um die Darstellung<br />

von Kennzeichen verfassungswidriger<br />

Organisationen geht, liegt der Fall aber ganz<br />

anders. Denn laut Gesetz ist die Verwendung<br />

solcher Kennzeichen grundsätzlich strafbar.<br />

Ausnahmen sind nur in sehr engen Grenzen<br />

zulässig – unter anderem, wenn diese der<br />

„Kunst dienen“. Und hier sagt die derzeitige<br />

Rechtsprechung eindeutig, dass in Computerspielen<br />

keine Kennzeichen verfassungswidriger<br />

Organisationen gezeigt werden<br />

dürfen. Deshalb besteht kein Handlungsspielraum<br />

für die Änderung der bisherigen<br />

Verwaltungspraxis. Eine Neubewertung wäre<br />

nur dann möglich, wenn die Gerichte anders<br />

entscheiden würden und dabei klarstellen,<br />

dass und gegebenenfalls unter welchen Bedingungen<br />

Kennzeichen verfassungswidriger<br />

Organisationen in digitalen Spielen nicht<br />

strafbar sind.“<br />

die Freiwillige Selbstkontrolle der<br />

Filmwirtschaft (FSK), das Pendant<br />

zur Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle<br />

(USK), vergibt Alterskennzeichnungen<br />

für Filme mit Hakenkreuzen,<br />

während es bei der USK<br />

gang und gäbe ist, dass Spiele mit<br />

verfassungsfeindlichen Symbolen<br />

keine Kennzeichnung bekommen.<br />

Dadurch, dass die USK Spielen mit<br />

Hakenkreuzen die Kennzeichnung<br />

verweigert, ergibt sich ein Teufelskreis<br />

für die Spielepubli sher in<br />

Deutschland: Die Hersteller können<br />

– oder wollen – es aus wirtschaftlichen<br />

Gründen gar nicht zu einer<br />

Gerichtsverhandlung kommen lassen,<br />

da sie ohne ein USK-Siegel ihr<br />

Produkt in Deutschland nicht im<br />

Handel anbieten können. Ein Spiel<br />

ohne USK-Kennzeichnung kann<br />

zudem von der Bundesprüfstelle<br />

für jugendgefährdende Medien<br />

(BPjM) indiziert werden – das Werk<br />

darf dann weder öffentlich verkauft<br />

noch darf Werbung für das Produkt<br />

gemacht werden. Zudem ist nach einer<br />

möglichen USK-Kennzeichnung<br />

nur die erste Hürde für einen Publisher<br />

bewältigt, denn die USK ist kein<br />

Gericht und so könnte die Staatsanwaltschaft<br />

ein Verbot und die<br />

Beschlagnahmung eines Titels auch<br />

nach der Veröffentlichung mit USK-<br />

Alterskennzeichnung anfordern.<br />

Es kann Monate oder gar Jahre<br />

dauern, bis ein Gerichtsurteil gesprochen<br />

ist und die Wahrscheinlichkeit,<br />

dass ein Spielehersteller<br />

den künstlerischen Aspekts seines<br />

Titels vor einem Richter beweisen<br />

kann, ist nicht gerade riesig. Man<br />

merkt: Ein Publisher mit wirtschaftlichen<br />

Interessen und Erfahrung<br />

wird es tunlichst vermeiden, in<br />

Deutschland ein Spiel mit Hakenkreuzen<br />

herauszubringen. Im Interview<br />

mit dem Anwalt Stephan<br />

Mathé äußert sich der Experte für<br />

gewerblichen Rechtsschutz ebenfalls<br />

so, dass er es zurzeit keinem<br />

Mandanten anraten würde, Hakenkreuze<br />

in einem Computerspiel zu<br />

belassen.<br />

Ebenso einleuchtend ist, dass<br />

kaum ein Hersteller Interesse daran<br />

hegt, eine Lanze für die Darstellung<br />

von Hakenkreuzen zu brechen.<br />

Zum einen vermissen die wenigsten<br />

Spieler die verfassungsfeindlichen<br />

04 | 2014<br />

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