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PC Games Magazin Watch Dogs (Vorschau)

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Interview mit Sebastian Grünwald<br />

sodass das Thema „Hakenkreuze“ etwas ruht.<br />

Ich glaube aber, dass die rechtliche Sachlage<br />

eigentlich relativ klar ist und wir in unserem Fall<br />

keine Straftat begehen würden. Ich persönlich<br />

würde es darauf ankommen lassen, aber die<br />

Entscheidung müssen ja am Ende alle Partner<br />

des Projekts mittragen.“<br />

<strong>PC</strong> <strong>Games</strong>: Vor vier Jahren habt ihr das Thema<br />

„Hakenkreuze in Computerspielen“ auf Bundesebene<br />

angestoßen. Hat eure Initiative etwas<br />

bewirkt?<br />

Grünwald: „Durchaus. Unter anderem haben<br />

wir das Spiel bei der ersten sogenannten<br />

„Politiker-LAN“ im Deutschen Bundestag vorgestellt.<br />

Auch das Echo von anderen Publishern<br />

und Entwicklern hinter vorgehaltener Hand<br />

war enorm. Eigentlich warten alle nur darauf,<br />

dass endlich jemand mal diesen Präzedenzfall<br />

anstößt und die Sache ein für alle Mal klärt.“<br />

Sebastian Grünwald ist Creative Director<br />

bei Reality Twist. Das Münchner Entwicklerstudio<br />

arbeitet zurzeit mit Generation Zero<br />

an einem pädagogischen Adventure, das<br />

im Nachkriegsdeutschland angesiedelt ist.<br />

Bereits im Jahr 2010 stieß Reality Twist das<br />

Thema Hakenkreuze in Computerspielen auf<br />

Bundesebene an und konnte den Bundestagsabgeordneten<br />

Jimmy Schulz (FDP) davon<br />

überzeugen, sich mit dem Thema zu beschäftigen.<br />

ziemlich schade, denn gerade das Thema der<br />

Entnazifizierung, das wir behandeln wollen,<br />

hängt auch eng mit der Darstellung der<br />

Symbolik zusammen. Natürlich kann man<br />

Hakenkreuze im Spiel auch durch ein anderes<br />

Symbol substituieren. Das wird allerdings zum<br />

einen unserem Anspruch nicht gerecht, ein<br />

dokumentarisches Spiel zu schaffen, das sich<br />

auf reale Geschehnisse und Fakten beruft, und<br />

zum anderen würde doch ohnehin jeder Spieler<br />

begreifen, um welche Symbole es eigentlich<br />

<strong>PC</strong> <strong>Games</strong>: Die sogenannte Sozialadäquanzklausel<br />

bietet eine Ausnahme des §86 Abs. 3<br />

des Strafgesetzbuches, wodurch die Darstellung<br />

von nationalsozialistischen Symbolen<br />

erlaubt ist, wenn es der Förderung von Kunst<br />

und Wissenschaft oder der politischen Aufklärung<br />

im Sinne der Verfassung dient. Woran liegt<br />

es, dass bis heute noch kein einziger Spiele-<br />

Publisher in Deutschland Gebrauch von der<br />

Klausel gemacht hat, obwohl Videospiele heute<br />

in Deutschland als Kunst betrachtet werden?<br />

Grünwald: „Das hat in erster Linie einfach nur<br />

mit Angst zu tun. Ich denke, es muss erst mal<br />

das erste richtige Spiel kommen, an dem die<br />

Sozialadäquanzklausel durchdekliniert und<br />

eine Entscheidung für Spiele getroffen werden<br />

kann. Ein Ego-Shooter eignet sich da natürlich<br />

„Eigentlich warten alle nur darauf, dass jemand mal diesen<br />

Präzedenzfall anstößt und die Sache ein für alle Mal klärt.“<br />

Sebastian Grünwald, Creative Director bei Reality Twist<br />

<strong>PC</strong> <strong>Games</strong>: Ihr arbeitet mit Generation Zero an<br />

einem pädagogischen Adventure-Spiel, welches<br />

Deutschland unmittelbar nach der Kapitulation<br />

der Nationalsozialisten thematisiert. Für dieses<br />

Spiel wäre es aus Gründen der Authentizität<br />

naheliegend, dass etwa Hakenkreuze im Spiel<br />

vorkommen. Nun verbietet das deutsche Gesetz<br />

grundsätzlich die Darstellung verfassungsfeindlicher<br />

Symbole. Könnte euer Spiel auch ohne die<br />

Darstellung von Hakenkreuzen auskommen?<br />

Grünwald: „Natürlich könnten wir unsere<br />

Geschichte auch beschneiden und auf die<br />

Darstellung von Hakenkreuzen verzichten. Für<br />

mich persönlich wäre diese Zensur allerdings<br />

04 | 2014<br />

geht. Kurz: Man kann das Spiel schon veröffentlichen,<br />

es wäre nur nicht mehr die gleiche<br />

Geschichte und vielleicht sogar noch viel eher<br />

ein Zeugnis dafür, dass wir in der Aufarbeitung<br />

unserer eigenen Vergangenheit durch sinnlose<br />

Verbote behindert werden.“<br />

<strong>PC</strong> <strong>Games</strong>: Würdet ihr nötigenfalls auch vor<br />

Gericht gehen, damit ihr Hakenkreuze in Generation<br />

Zero darstellen dürft und dadurch nicht<br />

eine Straftat begeht?<br />

Grünwald: „Darüber haben wir uns noch keine<br />

konkreten Gedanken gemacht. Aktuell sind wir<br />

sehr viel mit anderen Projekten beschäftigt,<br />

vor Gericht im Sinne der politischen Aufklärung<br />

weniger als ein dokumentarisches Adventure.“<br />

<strong>PC</strong> <strong>Games</strong>: Wie hoch schätzt ihr die Wahrscheinlichkeit<br />

ein, dass für Generation Zero<br />

durch die Sozialadäquanzklausel die Darstellung<br />

von nationalsozialistischen Symbolen<br />

erlaubt wäre?<br />

Grünwald: „Ich persönlich schätze sie sehr<br />

hoch ein. Würde sie verboten, dann möchte ich<br />

erst mal die Begründung sehen, warum unser<br />

Spiel nicht der politischen Aufklärung dienen<br />

sollte. Das würde nämlich dann wieder an der<br />

hart erkämpften Kulturgutdebatte rütteln.“<br />

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