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durch uns alle, die wir Medien gestalten und<br />
nutzen. Daher sind aus meiner Sicht Computer-<br />
und Videospiele schon lange Teil unserer<br />
Kultur. Dass der G.A.M.E.-Verband in den<br />
Kulturrat aufgenommen wird, ist daher nur<br />
die logische Konsequenz und nicht etwa die<br />
Voraussetzung. Eine der Ursachen dafür, dass<br />
klassische Medien wie Kino und TV noch immer<br />
anders behandelt werden als Computer- und<br />
Videospiele ist aber natürlich, dass Erstere<br />
seit Jahrzehnten in der Gesellschaft etabliert<br />
sind, wohingegen Letztere von einem gewissen<br />
Teil der Bevölkerung noch immer mit Skepsis<br />
und Abwehr betrachtet werden – wobei dieser<br />
Teil insbesondere in den letzten Jahren durch<br />
von ganz allein, und ehrlich gesagt ist sie für<br />
mich schon fast erreicht. Und dann werden<br />
auch die staatlichen Institutionen Spiele anders<br />
bewerten.“<br />
<strong>PC</strong> <strong>Games</strong>: Wie drastisch sind die Konsequenzen<br />
für einen Publisher, der ein pädagogisch<br />
wertvolles Spiel mit Hakenkreuzen in Deutschland<br />
veröffentlicht? Würden Sie einem Mandanten<br />
dazu raten, vor Gericht zu gehen und auf<br />
die Sozialadäquanzklausel zu setzen, oder eher,<br />
die verfassungsfeindlichen Symbole aus einem<br />
pädagogisch wertvollen Spiel zu entfernen?<br />
Mathé: „Die möglichen Konsequenzen hängen<br />
natürlich vom konkreten Einzelfall ab. Das kann<br />
damit beginnen, dass die Unterhaltungssoftware<br />
Selbstkontrolle (USK) die Kennzeichnung<br />
aufgrund enthaltener NS-Symbole versagt.<br />
Wird das Spiel dennoch veröffentlicht, droht<br />
eine Indizierung durch die Bundesprüfstelle<br />
für jugendgefährdende Medien (BPjM). Dann<br />
könnte das Spiel nicht mehr über die üblichen<br />
Verkaufskanäle wie stationärer Handel oder<br />
Internetversand verkauft werden und wäre<br />
damit faktisch tot, da ein Publisher ohne diese<br />
Vertriebskanäle keinen hinreichenden Umsatz<br />
erzielen kann und das Produkt in der Regel vom<br />
Markt nimmt. Im schlimmsten Fall droht ein<br />
Strafverfahren wegen eines Verstoßes gegen<br />
besagten § 86 Strafgesetzbuch, welcher mit<br />
Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe<br />
geahndet werden kann. Dies alles sind<br />
natürlich erhebliche Risiken, sodass ich als<br />
Anwalt dem Mandanten raten würde, auf die<br />
Verwendung derartiger Symbole zu verzichten.<br />
Hinzu kommt, dass bei der Veröffentlichung<br />
von Computer- und Videospielen auch immer<br />
der Zeitfaktor eine große Rolle spielt.<br />
Es nützt dem Publisher also wenig, wenn er<br />
ein langes Gerichtsverfahren durchläuft und<br />
am Ende Recht bekommt, weil dann das Spiel<br />
schon längst veraltet sein kann. Dies führt<br />
dazu, dass in der Praxis ein solcher Fall kaum<br />
vom Publisher durchgekämpft würde. Man<br />
muss sich am Ende einfach fragen, ob sich der<br />
Aufwand lohnt. Diese Frage können vor allem<br />
„Ich als Anwalt würde dem Mandaten dazu raten,<br />
auf die Verwendung von NS-Symbolen zu verzichten.“<br />
Stephan Mathé, Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz<br />
Family-Entertainment-Konzepte wie Singstar,<br />
Wii etc. deutlich geschrumpft sein dürfte.<br />
Dennoch müssen hier noch immer Ressentiments<br />
überwunden werden, wie es seinerzeit<br />
auch die Medien Kino und TV tun mussten.<br />
Auch damals war der Aufschrei groß. Diesen<br />
Kampf müssen Computer- und Videospiele<br />
erst noch gewinnen. Hier mag die Aufnahme<br />
eines Verbandes in den Kulturrat sicher nicht<br />
schaden. Viel wichtiger ist jedoch, dass alle<br />
Spieler den Spaß am Spielen nicht verlieren,<br />
auch selbstkritisch mit ihrem Medium umgehen,<br />
sich offen der Diskussion mit Andersdenkenden<br />
stellen und diesen einfach mal zeigen,<br />
wie viel Spaß ein gutes Game machen kann.<br />
Dann kommt die gesellschaftliche Akzeptanz<br />
die Spieler beantworten. Ich kann manchmal<br />
den Unmut der Fangemeinde gegenüber den<br />
Publishern nicht ganz nachvollziehen, wenn<br />
aus einem aktuellen Spiel derartige Symbole<br />
entfernt wurden. Mir persönlich ist es herzlich<br />
egal, ob beispielsweise auf den Kampfflugzeugen<br />
echte Hakenkreuze zu sehen sind oder nur<br />
Fantasiezeichen. Viel wichtiger ist mir, ob das<br />
Spiel insgesamt gut gemacht ist und vor allem<br />
Spaß bringt. So richtig es ist, für eine Gleichberechtigung<br />
von Computer- und Videospielen<br />
im Vergleich zu anderen Medien zu kämpfen,<br />
sollte man sich doch auch fragen, wie wichtig<br />
einem im Einzelfall die „historische Korrektheit“<br />
eines Spiels im Sinne korrekt wiedergegebener<br />
Hakenkreuze tatsächlich ist.“<br />
zwar aufwendig, aber Beispiele<br />
aus jüngster Vergangenheit<br />
haben gezeigt, dass<br />
bereits der kleinste Fehler zu<br />
massiven Problemen für einen<br />
Publisher führen kann.<br />
So hatte zum Beispiel Ubisoft<br />
2010 im Handbuch der Collector’s<br />
Edition der U-Boot-Simulation Silent Hunter<br />
5 ein Hakenkreuz übersehen und musste<br />
den Titel in Deutschland und Österreich<br />
zurückrufen. Der französische Publisher<br />
wurde zudem mit South Park: Der Stab der<br />
Wahrheit zu einem Wiederholungstäter. Die<br />
Verantwortlichen hatten ein Kennzeichen einer<br />
verfassungswidrigen Organisation in der<br />
deutschen Fassung versehentlich nicht entfernt<br />
und so wurde die Auslieferung vorerst<br />
gestoppt. Ein ähnliches Schicksal ereilte<br />
auch Activisions Wolfenstein von 2009. Der<br />
04 | 2014<br />
Auf Nummer sicher:<br />
Damit keine Hakenkreuze in Wolfenstein:<br />
The New Order auftauchen, lässt Bethesda<br />
zwei unterschiedliche Versionen direkt bei<br />
Machine <strong>Games</strong> entwickeln.<br />
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