26.03.2014 Aufrufe

PC Games Magazin Watch Dogs (Vorschau)

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durch uns alle, die wir Medien gestalten und<br />

nutzen. Daher sind aus meiner Sicht Computer-<br />

und Videospiele schon lange Teil unserer<br />

Kultur. Dass der G.A.M.E.-Verband in den<br />

Kulturrat aufgenommen wird, ist daher nur<br />

die logische Konsequenz und nicht etwa die<br />

Voraussetzung. Eine der Ursachen dafür, dass<br />

klassische Medien wie Kino und TV noch immer<br />

anders behandelt werden als Computer- und<br />

Videospiele ist aber natürlich, dass Erstere<br />

seit Jahrzehnten in der Gesellschaft etabliert<br />

sind, wohingegen Letztere von einem gewissen<br />

Teil der Bevölkerung noch immer mit Skepsis<br />

und Abwehr betrachtet werden – wobei dieser<br />

Teil insbesondere in den letzten Jahren durch<br />

von ganz allein, und ehrlich gesagt ist sie für<br />

mich schon fast erreicht. Und dann werden<br />

auch die staatlichen Institutionen Spiele anders<br />

bewerten.“<br />

<strong>PC</strong> <strong>Games</strong>: Wie drastisch sind die Konsequenzen<br />

für einen Publisher, der ein pädagogisch<br />

wertvolles Spiel mit Hakenkreuzen in Deutschland<br />

veröffentlicht? Würden Sie einem Mandanten<br />

dazu raten, vor Gericht zu gehen und auf<br />

die Sozialadäquanzklausel zu setzen, oder eher,<br />

die verfassungsfeindlichen Symbole aus einem<br />

pädagogisch wertvollen Spiel zu entfernen?<br />

Mathé: „Die möglichen Konsequenzen hängen<br />

natürlich vom konkreten Einzelfall ab. Das kann<br />

damit beginnen, dass die Unterhaltungssoftware<br />

Selbstkontrolle (USK) die Kennzeichnung<br />

aufgrund enthaltener NS-Symbole versagt.<br />

Wird das Spiel dennoch veröffentlicht, droht<br />

eine Indizierung durch die Bundesprüfstelle<br />

für jugendgefährdende Medien (BPjM). Dann<br />

könnte das Spiel nicht mehr über die üblichen<br />

Verkaufskanäle wie stationärer Handel oder<br />

Internetversand verkauft werden und wäre<br />

damit faktisch tot, da ein Publisher ohne diese<br />

Vertriebskanäle keinen hinreichenden Umsatz<br />

erzielen kann und das Produkt in der Regel vom<br />

Markt nimmt. Im schlimmsten Fall droht ein<br />

Strafverfahren wegen eines Verstoßes gegen<br />

besagten § 86 Strafgesetzbuch, welcher mit<br />

Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe<br />

geahndet werden kann. Dies alles sind<br />

natürlich erhebliche Risiken, sodass ich als<br />

Anwalt dem Mandanten raten würde, auf die<br />

Verwendung derartiger Symbole zu verzichten.<br />

Hinzu kommt, dass bei der Veröffentlichung<br />

von Computer- und Videospielen auch immer<br />

der Zeitfaktor eine große Rolle spielt.<br />

Es nützt dem Publisher also wenig, wenn er<br />

ein langes Gerichtsverfahren durchläuft und<br />

am Ende Recht bekommt, weil dann das Spiel<br />

schon längst veraltet sein kann. Dies führt<br />

dazu, dass in der Praxis ein solcher Fall kaum<br />

vom Publisher durchgekämpft würde. Man<br />

muss sich am Ende einfach fragen, ob sich der<br />

Aufwand lohnt. Diese Frage können vor allem<br />

„Ich als Anwalt würde dem Mandaten dazu raten,<br />

auf die Verwendung von NS-Symbolen zu verzichten.“<br />

Stephan Mathé, Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz<br />

Family-Entertainment-Konzepte wie Singstar,<br />

Wii etc. deutlich geschrumpft sein dürfte.<br />

Dennoch müssen hier noch immer Ressentiments<br />

überwunden werden, wie es seinerzeit<br />

auch die Medien Kino und TV tun mussten.<br />

Auch damals war der Aufschrei groß. Diesen<br />

Kampf müssen Computer- und Videospiele<br />

erst noch gewinnen. Hier mag die Aufnahme<br />

eines Verbandes in den Kulturrat sicher nicht<br />

schaden. Viel wichtiger ist jedoch, dass alle<br />

Spieler den Spaß am Spielen nicht verlieren,<br />

auch selbstkritisch mit ihrem Medium umgehen,<br />

sich offen der Diskussion mit Andersdenkenden<br />

stellen und diesen einfach mal zeigen,<br />

wie viel Spaß ein gutes Game machen kann.<br />

Dann kommt die gesellschaftliche Akzeptanz<br />

die Spieler beantworten. Ich kann manchmal<br />

den Unmut der Fangemeinde gegenüber den<br />

Publishern nicht ganz nachvollziehen, wenn<br />

aus einem aktuellen Spiel derartige Symbole<br />

entfernt wurden. Mir persönlich ist es herzlich<br />

egal, ob beispielsweise auf den Kampfflugzeugen<br />

echte Hakenkreuze zu sehen sind oder nur<br />

Fantasiezeichen. Viel wichtiger ist mir, ob das<br />

Spiel insgesamt gut gemacht ist und vor allem<br />

Spaß bringt. So richtig es ist, für eine Gleichberechtigung<br />

von Computer- und Videospielen<br />

im Vergleich zu anderen Medien zu kämpfen,<br />

sollte man sich doch auch fragen, wie wichtig<br />

einem im Einzelfall die „historische Korrektheit“<br />

eines Spiels im Sinne korrekt wiedergegebener<br />

Hakenkreuze tatsächlich ist.“<br />

zwar aufwendig, aber Beispiele<br />

aus jüngster Vergangenheit<br />

haben gezeigt, dass<br />

bereits der kleinste Fehler zu<br />

massiven Problemen für einen<br />

Publisher führen kann.<br />

So hatte zum Beispiel Ubisoft<br />

2010 im Handbuch der Collector’s<br />

Edition der U-Boot-Simulation Silent Hunter<br />

5 ein Hakenkreuz übersehen und musste<br />

den Titel in Deutschland und Österreich<br />

zurückrufen. Der französische Publisher<br />

wurde zudem mit South Park: Der Stab der<br />

Wahrheit zu einem Wiederholungstäter. Die<br />

Verantwortlichen hatten ein Kennzeichen einer<br />

verfassungswidrigen Organisation in der<br />

deutschen Fassung versehentlich nicht entfernt<br />

und so wurde die Auslieferung vorerst<br />

gestoppt. Ein ähnliches Schicksal ereilte<br />

auch Activisions Wolfenstein von 2009. Der<br />

04 | 2014<br />

Auf Nummer sicher:<br />

Damit keine Hakenkreuze in Wolfenstein:<br />

The New Order auftauchen, lässt Bethesda<br />

zwei unterschiedliche Versionen direkt bei<br />

Machine <strong>Games</strong> entwickeln.<br />

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