Sprachliche Konstruktion von Geschlechtlichkeit in der ... - LSF Graz
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Strukturelle und praktische Arbeit<br />
Um e<strong>in</strong>en gen<strong>der</strong>spezifischen Unterschied zwischen struktureller und praktischer Arbeit<br />
auf sozialarbeiterischer Ebene festzumachen, muss die Entstehungsgeschichte <strong>der</strong><br />
Sozialarbeit herangezogen werden. Die soziale Arbeit ist schon seit Beg<strong>in</strong>n ihrer<br />
mo<strong>der</strong>nen Ausformung <strong>von</strong> männlichen wie weiblichen E<strong>in</strong>flüssen geprägt. Als<br />
Beispiele dafür, wie diese Prägungen ausgesehen haben, werden hier das Elberfel<strong>der</strong>-<br />
System (1853), die Charity Organisation Society (1877) und die Arbeit <strong>von</strong> Alice<br />
Salomon, <strong>der</strong> Grün<strong>der</strong><strong>in</strong> <strong>der</strong> ersten Sozialen Frauenschule <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> (1908), zugrunde<br />
gelegt.<br />
Zum besseren Verständnis <strong>der</strong> Ausgangslage <strong>der</strong> Sozialarbeit muss noch erläutert<br />
werden, dass Frauen <strong>in</strong> Österreich erst ab dem späten 19. Jahrhun<strong>der</strong>t Zugang zu<br />
Studien 2 hatten und am 16. Februar 1919 erstmals zur Wahl <strong>der</strong> Nationalversammlung<br />
mit aktivem und passivem Wahlrecht zugelassen waren. In Deutschland war die<br />
Situation <strong>der</strong> Frauen, was die Zulassung zu Studien und das Wahlrecht betraf, ähnlich.<br />
"Der Zugang zu öffentlichen Ämtern war Frauen ebenso verschlossen wie die<br />
Ausübung <strong>von</strong> Berufen (z.B.: als Ärzt<strong>in</strong> o<strong>der</strong> Jurist<strong>in</strong>) <strong>in</strong> öffentlichen E<strong>in</strong>richtungen.<br />
Entsprechend war auch <strong>der</strong> Bereich staatlich o<strong>der</strong> kommunal organisierter sozialer<br />
Tätigkeit grundsätzlich den durch das öffentliche Recht sanktionierten Pr<strong>in</strong>zipien <strong>der</strong><br />
Segregation <strong>der</strong> Geschlechter unterworfen - und das hieß: Ausgrenzung <strong>von</strong> Frauen."<br />
(Her<strong>in</strong>g 2006)<br />
E<strong>in</strong>e Grenze zwischen männlicher und weiblicher Prägung kann also zwischen dem<br />
öffentlichen und dem privaten Sektor <strong>in</strong> <strong>der</strong> sozialen Arbeit gesetzt werden. Als<br />
Beispiel für den öffentlichen Sektor kann das 1853 <strong>in</strong> Elberfeld - e<strong>in</strong>em heutigen<br />
Stadtteil <strong>von</strong> Wuppertal - e<strong>in</strong>geführte Elberfel<strong>der</strong> System genannt werden. Dieses<br />
System, das sich aufgrund <strong>von</strong> E<strong>in</strong>sparungseffekten schnell verbreitete, basierte auf<br />
Ehrenamtlichkeit, Individualisierung, Dezentralisierung und <strong>der</strong> Vermeidung <strong>von</strong><br />
Dauerleistungen. So wurden jedem Armenpfleger, <strong>der</strong> ehrenamtlich arbeitete, maximal<br />
2<br />
Ab 1897 wurden Frauen zu Studien an philosophischen Fakultäten zugelassen, 1900<br />
wurden die mediz<strong>in</strong>ischen Fakultäten für Frauen geöffnet, und erst 1919 erhielten<br />
Frauen Zutritt zu fast allen Fakultäten.<br />
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