Sprachliche Konstruktion von Geschlechtlichkeit in der ... - LSF Graz
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vier Familien zur Betreuung zugesprochen. Die Stadt war aufgeteilt <strong>in</strong> Bezirke, denen<br />
jeweils e<strong>in</strong> ehrenamtlicher Vorsteher zugewiesen war; wobei die Bezirke <strong>in</strong> Quartiere<br />
mit je e<strong>in</strong>em Armenpfleger unterteilt waren. Diese Armenpfleger hatten sich e<strong>in</strong> Bild<br />
<strong>von</strong> den Lebensumständen <strong>der</strong> Hilfsbedürftigen zu machen und <strong>in</strong> 14-tägigen<br />
Bezirksversammlungen wurde über Art und Umfang <strong>von</strong> Hilfeleistungen abgestimmt.<br />
Die ehrenamtliche Funktion des Armenpflegers war aufgrund <strong>der</strong> Öffentlichkeit dieses<br />
Amtes Männern vorenthalten. Die gesamte Durchführung und Verteilung <strong>von</strong><br />
Hilfsgütern und f<strong>in</strong>anziellen Mitteln lag also <strong>in</strong> männlicher Hand.<br />
Im Gegensatz dazu entwickelten sich ab 1877 Systeme am privaten Sektor.<br />
Charakteristisch für diese Systeme war, dass <strong>der</strong> Fokus nicht mehr re<strong>in</strong> auf <strong>der</strong><br />
Verteilung materieller o<strong>der</strong> f<strong>in</strong>anzieller Hilfsgüter lag, son<strong>der</strong>n das Augenmerk mehr<br />
auf die direkte Betreuung <strong>der</strong> hilfsbedürftigen Personen gelegt wurde. Die erste Charity<br />
Organisation Society (COS) wurde 1877 <strong>in</strong> Buffalo gegründet.<br />
„Sie war nicht als e<strong>in</strong>e zusätzliche Wohlfahrtsagentur zur wahllosen<br />
Verteilung mil<strong>der</strong> Gaben an unverschuldet <strong>in</strong> wirtschaftliche Not geratene<br />
Bürger gedacht, son<strong>der</strong>n als e<strong>in</strong>e Clear<strong>in</strong>gstelle, um e<strong>in</strong>erseits die<br />
Hilfesuchenden zu registrieren und ihre <strong>in</strong>dividuellen Lebensverhältnisse zu<br />
untersuchen und um an<strong>der</strong>erseits die privaten und kommunalen<br />
Hilfemöglichkeiten <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de aufzulisten und die Hilfesuchenden nach<br />
Feststellung ihrer wirklichen Hilfsbedürftigkeit an die passenden Wohltäter<br />
zu vermitteln. Oberstes Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> „COS“ als kommunaler Clear<strong>in</strong>gstelle<br />
war es also, zu ermitteln und zu vermitteln, aber selbst ke<strong>in</strong>e Almosen zu<br />
verteilen“ (Müller 1988, S. 110 zitiert nach Puch 2005, S. 10).<br />
Der Übergang <strong>von</strong> struktureller zu eher praktischer Arbeit ist durch die Struktur <strong>der</strong><br />
COS klar zu erkennen. Die Belegschaft bestand e<strong>in</strong>erseits aus friendly visitors - <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Regel Frauen, die ehrenamtlich hilfsbedürftige Familien betreuten. Ihre Aufgabe<br />
bestand dar<strong>in</strong>, e<strong>in</strong>e persönliche Vertrauensbeziehung aufzubauen und "Ratschläge zur<br />
persönlichen Haushaltsführung, <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>erziehung, dem Eheleben und vieles mehr zu<br />
geben" (Puch 2005, S. 11). An<strong>der</strong>erseits wurden <strong>von</strong> <strong>der</strong> COS hauptberufliche<br />
Mitarbeiter<strong>in</strong>nen beschäftigt, die die Aufgabe hatten, mit <strong>der</strong> kommunalen Verwaltung<br />
und an<strong>der</strong>en privaten Wohlfahrtsorganisationen zusammen zu arbeiten.<br />
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