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Selbstverwaltung

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schränkt sein, dass die Betriebsführung bei den Beschäftigten liegt. Innerbetrieblich sind<br />

entsprechende eigentumsrechtliche Massnahmen getroffen, welche die Anwendung des<br />

Demokratieprinzips – Pro-Kopf-Stimmrecht – in dem Sinne sicherstellen, dass unterschiedliche<br />

Einflussmöglichkeiten der Vollmitglieder durch unterschiedlich grosse Kapitalanteile<br />

formal ausgeschlossen sind 267 . Die Vollmitglieder sind z.B. rechtlich gleichgestellt,<br />

wenn die Höhe der Anteile keinen Einfluss auf das Stimmrecht hat 268 oder wenn ihre<br />

individuellen Anteile gleich hoch sind 269 .<br />

Die vier oben genannten Organisationsprinzipien gelten in der vorliegenden Untersuchung auch<br />

dann als erfüllt, wenn sie sich nur auf einen Teil der Belegschaft beziehen 270 . Prinzipiell ins<br />

Sample eingeschlossen sind damit auch selbstverwaltete Betriebe, in denen einerseits nicht alle<br />

im Unternehmen beschäftigten Personen Vollmitglieder sind und andererseits auch weitere Personen<br />

am Betriebskapital partizipieren, die nicht im Unternehmen mitarbeiten (z.B. Publikumsgenossenschaft,<br />

AG).<br />

Damit soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass Partizipations- oder Statusunterschiede<br />

in der Schweiz – im Gegensatz zur BRD – üblich und verbreitet sind. Theoretisch stützen<br />

wir uns dabei auf Hettlage (1988), Flieger (1996) und auf demokratietheoretische Erkenntnisse.<br />

Für diese Untersuchung nicht relevant sind das „Subsistenz-“, das „Förder-“ und das „Solidaritätsprinzip“,<br />

die im Zusammenhang mit selbstverwalteten Betrieben auch erwähnt werden,<br />

meist unter Hinweis auf die genossenschaftliche Tradition oder die postmaterialistischen Werte,<br />

welche für alternativ-ökonomische Projekte und neue soziale Bewegungen typisch sind (vgl.<br />

Kapitel 3.4.).<br />

Nach dem „Subsistenzprinzip“ soll der erwirtschaftete betriebliche Ertrag nur zur „Existenzsicherung“<br />

des Betriebs und seiner Mitglieder dienen: Im Gegensatz zu konventionellen Betrieben<br />

– und auch den alternativen „Neuen Selbständigen“ – soll es kein Betriebsziel von <strong>Selbstverwaltung</strong><br />

sein, die Kapitalrendite oder die Privateinkommen der Beschäftigten zu maximieren. Gewinn<br />

„um des Gewinns willen“ widerspricht dem Subsistenzprinzip. Bei den sowohl in der<br />

BRD als auch in der Schweiz beklagten, insgesamt tiefen Löhnen in der <strong>Selbstverwaltung</strong> ist<br />

dieses Merkmal relativ bedeutungslos, auch wenn es in der Literatur immer wieder angeführt<br />

wird und in einigen deutschen Studien als Strukturmerkmal gilt.<br />

Das „Förderprinzip“ (Flieger 1996: 16) ist ein traditioneller Grundsatz der Genossenschaften<br />

und umschreibt in vager Form ihr primäres Ziel: Die Interessen und Bedürfnisse der Mitglieder<br />

sollen im Vordergrund stehen und nicht die Kapitalverwertung. Das Prinzip ist entsprechend<br />

schwierig zu bestimmen, seine „empirische Nachvollziehbarkeit“ ist problematisch (Flieger<br />

267 In den empirischen Studien aus Deutschland ist die formal rechtliche Struktur der Kapitalbeteiligung von Betriebsmitgliedern<br />

kaum Gegenstand des Interesses; wenn das Thema überhaupt erwähnt wird, dann meist unter dem Hinweis,<br />

dass in der BRD keine praktisch geeignete Rechtsform für <strong>Selbstverwaltung</strong> zur Verfügung stehe und deshalb<br />

vor allem die informellen Regelungen und die Alltagspraxis von Bedeutung seien (vgl. Kapitel 3.5.4.4.).<br />

268 In kapitalreformierten Rechtsformen (z.B. Genossenschaft und Verein) besteht prinzipiell ein Pro-Kopf-Stimmrecht.<br />

In nicht kapitalreformierten Rechtsformen, in denen unterschiedliche Anteile der Vollmitglieder bestehen, kann das<br />

innerbetriebliches Pro-Kopf-Stimmrecht der Vollmitglieder durch entsprechende informelle oder formelle Regelungen<br />

gewährleistet werden.<br />

269 Z.B. AG, GmbH, Kollektivgesellschaft.<br />

270 Im Gegensatz dazu gelten die erwähnten Definitionsmerkmale in deutschen Studien nur dann als erfüllt, wenn sie<br />

sich auf alle Betriebsmitglieder beziehen. Betriebe, die eine formal geregelte vertikale Arbeitsteilung oder klare Angestellte<br />

haben, gelten nicht mehr als selbstverwaltet, sondern als „transformierte“ Betriebe.

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