Selbstverwaltung
Selbstverwaltung
Selbstverwaltung
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
51<br />
dieser Aufhebung der Trennung von Ausführungs- und Anordnungs- bzw. Leitungsfunktion<br />
sehen Heider et al. (1997: 174) den wesentlichen Unterschied zu konventionellen Unternehmen.<br />
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass – gemäss der neuesten Studie von Heider et<br />
al. (1997) – heutige selbstverwaltete Betriebe im Bereich der Arbeitsteilung und Entscheidungsfindung<br />
über effiziente Betriebsstrukturen verfügen und die Behauptung, dass selbstverwaltete<br />
Betriebe ineffizient seien, keine Gültigkeit mehr hat.<br />
3.5.3.6. Selbstverwaltete Betriebe und neue soziale Bewegungen<br />
Aufgrund der empirischen Ergebnisse finden sich klare Befunde (Branchenverteilung, städtische<br />
Ballungsräume, Produktorientierung u.a.), wonach die Gründung von selbstverwalteten Betrieben<br />
von einem den neuen sozialen Bewegungen nahe stehenden Umfeld abhängt oder zumindest<br />
begünstigt wird.<br />
Personen aus dem so genannten Humandienstleistungssektor sind jedoch weniger häufig vertreten<br />
als dies für die neuen sozialen Bewegungen im Allgemeinen angenommen wird. Auch die<br />
Vertretung von im Zuge des Modernisierungsprozesses Marginalisierten ist verschwindend klein,<br />
zumindest bei den im Zusammenhang mit der Fragestellung der vorliegenden Arbeit interessierenden<br />
erwerbs- und marktorientierten selbstverwalteten Betrieben.<br />
Im Rahmen der Bewegungsforschung ist die Frage gestellt worden, ob es selbstverwalteten Betrieben<br />
gelingt, die Umsetzung von Zielen und Vorstellungen der neuen sozialen Bewegungen in<br />
ein Betriebskonzept mit Markterfordernissen einzubringen. Der Vergleich älterer und neuerer<br />
Untersuchungen zeigt, dass im Laufe der Zeit ein Prozess der Ökonomisierung und Professionalisierung<br />
stattgefunden hat. Während der grundsätzliche Anspruch aus der „Studentenbewegung“<br />
auf herrschaftsfreie Strukturen beibehalten wurde, sind im Bereich der innerbetrieblichen<br />
Organisation Modifikationen festzustellen. Der Anspruch auf „Ganzheitlichkeit“ wurde weitgehend<br />
fallen gelassen.<br />
Die Umsetzung von Forderungen aus der Frauenbewegung ist offensichtlich weniger gelungen als<br />
erwartet. Der Frauenanteil und die Verteilung der Frauenarbeitsplätze über die einzelnen Wirtschaftsbereiche<br />
entsprechen weitgehend der konventionellen Wirtschaft. Auch auf der Ebene<br />
der innerbetrieblichen Arbeitsteilung zeichnen sich ähnliche Verhältnisse wie in der Gesamtwirtschaft<br />
ab: Zwar ist in einigen Betrieben der Anspruch nach Aufhebung der geschlechtsspezifischen<br />
Arbeitsteilung auf horizontaler Ebene in die Praxis umgesetzt, im Zuge der Professionalisierung<br />
der Betriebe werden jedoch die Aufgaben wieder vermehrt geschlechtstypisch verteilt.<br />
Der informelle Einfluss der Frauen auf vertikaler Ebene ist hingegen im Vergleich zu früher gestiegen,<br />
ist aber immer noch deutlich kleiner als derjenige der Männer. Ebenso sind kinderfreundliche<br />
Regelungen am Arbeitsplatz – ein zentraler Anspruch der Frauenbewegung – ausgesprochen<br />
selten. In Bezug auf die formale Regelung des Anteils an Frauenarbeitsplätzen kommen<br />
beide Hessenstudien zum ernüchternden Schluss, dass nur ein Drittel der gemischten Betriebe<br />
eine Quotierung anstrebt und es sich auch in diesen Fällen um unverbindliche Absichtserklärungen<br />
handelt, die, ebenso wie im konventionellen Bereich, zumeist in dem Moment über<br />
Bord geworfen werden, wenn sie andere Interessen behindern oder den so genannten Sachzwän-