Selbstverwaltung
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gleichzeitig einen praktischen Nutzen und sozialreformerische Ziele 204 . Er will „entscheidungsrelevantes<br />
Material zur Verfügung stellen, welches selbstverwalteten Kollektiven die Organisation<br />
ihrer Unternehmung (insbesondere in der Gründungsphase) erleichtern kann“ (Schärli 1983:<br />
8).<br />
Für die ökonomische Analyse der Institution selbstverwalteter Betrieb wird die „Theorie der<br />
Handlungsrechte (Property Rights Approach)“ angewendet (Schärli 1983: 17ff.), welche die<br />
Grundsätze des Methodologischen Individualismus für die Bewertung von Transaktionskosten<br />
und wirtschaftlicher Effizienz einbezieht. Der Orientierungspunkt ist demnach die Nutzenmaximierung<br />
aller am Unternehmen beteiligten Personen, wobei auch individuelle Motivationen<br />
und immaterielle Präferenzen der Mitarbeitenden einbezogen sind. Das Untersuchungsinstrumentarium<br />
der neoklassischen Ökonomie hält Schärli für reformbedürftig, da es unternehmerische<br />
Effizienz zu einseitig als objektive, materielle Gewinnmaximierung auffasst.<br />
Die konstitutiven Merkmale einer kleinen selbstverwalteten Unternehmung, die „nicht als variabel<br />
angenommen werden dürfen“ (Schärli 1983: 9ff.), entsprechen den Prinzipien, die für Produktivgenossenschaften<br />
traditionell sind: Es handelt sich um einen freiwilligen Zusammenschluss<br />
von Personen für gemeinsame erwerbswirtschaftliche Tätigkeit zur Existenzsicherung;<br />
alle Beteiligten bringen sowohl ihre Arbeitskraft als auch Vermögen in ein Unternehmen ein, das<br />
sie nach demokratischen Regeln verwalten, „unter Verzicht auf institutionalisierte hierarchische<br />
Strukturen“. Schärlis zusätzliches Kriterium der Kleinheit des Betriebs bezieht sich einerseits<br />
auf Ohms empirischen Befund von 1981, andererseits begünstigt das Merkmal die Umsetzung<br />
der anderen genannten Kriterien: betriebswirtschaftlich führt es zu einfachen Informations- und<br />
Kontrollsystemen, geringen Konsensfindungskosten, aber auch zu jener geringen Marktmacht<br />
und Finanzkraft, wie sie für <strong>Selbstverwaltung</strong>sbetriebe in der Schweiz typisch sind.<br />
Zusammenfassung der Ergebnisse<br />
Schärli streicht das positive Potential selbstverwalteter Arbeitsformen hervor und entwickelt<br />
daraus praxisorientierte institutionelle Betriebsorganisationsmodelle, welche Wettbewerbsvorteile<br />
gegenüber konventionellen Unternehmen bieten. Als „Gefährdungen“ für die Ansprüche an<br />
selbstverwaltete Arbeit und die Umsetzung der entsprechenden Ziele beschreibt er detailliert<br />
zahlreiche betriebsinterne 205 wie -externe Faktoren 206 und verweist diesbezüglich auf entsprechend<br />
günstige institutionelle Massnahmen.<br />
Der Beitrag hat dank seiner ökonomischen und juristischen Analysen stellenweise den Charakter<br />
eines praxisorientierten Ratgebers, der insbesondere die eigentumsrechtlichen Aspekte fokussiert<br />
und geeignete – je nach Ansprüchen von Betrieb und Mitarbeitenden verschiedene –<br />
204 Mit Bezug auf Erich Fromm und Karl Marx – Entfremdungserfahrungen in Produktionsabläufen, funktionale und<br />
unnatürliche Trennung von Kapital und Arbeit – und auf aktuelle arbeitsgesellschaftliche Krisenerscheinungen fordert<br />
Schärli eine grundsätzliche „Neuüberdenkung der Art der Eingliederung des Menschen in seine Arbeit“: Die<br />
Beziehung zum Arbeitsplatz sei so zu gestalten, dass die Arbeit als sinnvolles Tun erlebt werde, wozu sich dezentrale<br />
<strong>Selbstverwaltung</strong>smodelle gut eigneten (Schärli 1983: 7).<br />
205 Schärli (1983: 33ff.) bezeichnet als ersten internen Faktor die „Gefährdung durch die Veränderung der Bedürfnisstruktur“<br />
der MitarbeiterInnen in Bezug auf den „qualitativen und quantitativen Arbeitseinsatz“, auf „Einkommensbedürfnisse“,<br />
auf die „personelle Zusammensetzung von Arbeitsgruppen“ und auf die „Sicherheit des Arbeitsplatzes“.<br />
Als zweiter interner Faktor gilt die „Gefährdung durch die unternehmensinterne Handlungsrechtsordnung“,<br />
d.h. durch eine Unternehmensverfassung, welche „die effiziente Einbringung individueller Bedürfnisse<br />
und/oder die effiziente Übertragung wirtschaftlicher Markterfordernisse nicht gewährleisten kann“.<br />
206 Als ersten externen Faktor beschreibt Schärli (1983: 43ff.) die „Gefährdung durch den Markt“ mit den Aspekten<br />
„Gütermarkt“, „Arbeitsmarkt“, „Kapitalmarkt“; als zweiten externen Faktor die „Gefährdung durch die staatliche<br />
Handlungsrechtsordnung“, also durch die politisch und juristisch möglichen Organisations- und Rechtsformen.