14.05.2015 Aufrufe

Selbstverwaltung

Selbstverwaltung

Selbstverwaltung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

53<br />

grund der empirischen Ergebnisse so nicht bestätigt werden. Wie oben gezeigt, sind die Einkommen<br />

zwar niedrig, aber entsprechen heutzutage etwa denjenigen, die in einem konventionellen<br />

Kleinbetrieb der jeweiligen Branche bezahlt werden. Von „Selbstausbeutung“ kann in<br />

diesen Fällen nicht gesprochen werden, zumal auch die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit<br />

in der neuen Hessenstudie (Heider et al. 1997) bei etwa 40 Std. pro Woche liegt. Berücksichtigt<br />

werden muss in diesem Zusammenhang jedoch, dass es in einem Teil der erwerbs- und<br />

marktorientierten Betriebe Beschäftigte gibt, die unentgeltlich mitarbeiten.<br />

In Bezug auf die soziale Sicherung hat sich die Situation in selbstverwalteten Betrieben, wie<br />

oben gezeigt, markant verbessert. Die Ergebnisse von Domeyer et al. (1989) zeigen zudem, dass<br />

gerade in denjenigen Betrieben, die in einer Marktnische tätig sind, die Einkommenssituation der<br />

Beschäftigten am schlechtesten ist.<br />

„Hinsichtlich der ökonomischen Bestandessicherheit der Betriebe und der Reproduktionssicherheit<br />

der MitarbeiterInnen konnten wir feststellen, dass günstigere Bedingungen in<br />

den Betrieben gegeben waren, die gerade nicht bzw. nicht mehr in einer sog. ‚Nische‘ arbeiten.“<br />

(Domeyer et al. 1989: 17, Hervorhebung im Org.)<br />

Auch bezüglich der staatlichen Subventionierung kommen die Autorinnen und Autoren zum<br />

Schluss, dass eine externe Subventionierung der Arbeitsplätze 128 nur bei einer Minderheit von<br />

Beschäftigten in etwa der Hälfte der Betriebe vorkommt und diese Möglichkeiten auch von konventionellen<br />

Betrieben genutzt werden (vgl. Domeyer et al. 1989: 16). Zu einem ähnlichen Ergebnis<br />

kommen Heider et al. (1997: 93), die feststellen, dass nur gut die Hälfte der befragten Betriebe<br />

öffentliche Zuschüsse oder Darlehen beantragt hat und sich auch diese Betriebe „im normalen<br />

Rahmen am Kreditmarkt“ bedienen.<br />

Die Studien von Domeyer et al. (1989: 19) und Heider et al. (1997: 159ff.) haben empirisch<br />

nachgewiesen, dass das Oppenheimer'sche Transformationsgesetz für moderne <strong>Selbstverwaltung</strong>sbetriebe<br />

keine Gültigkeit hat 129 . Der Grund für dessen Ungültigkeit ist nach Heider et al.<br />

(1997) vor allem im politischen Selbstverständnis, das die Produktivgenossenschaften und die<br />

modernen selbstverwalteten Betriebe unterscheidet, zu finden:<br />

„Während also die politischen Vorstellungen der GenossenschafterInnen am Anfang sehr<br />

viel umfassender und weitreichender waren, als die in den selbstverwalteten Betrieben, so<br />

waren umgekehrt deren Forderungen an eine innerbetriebliche Demokratie radikaler.“<br />

(Heider et al. 1997: 181)<br />

Beide Untersuchungen stellen fest, dass nicht die Betriebsorganisation, sondern die allgemeine<br />

wirtschaftliche Situation für den ökonomischen Erfolg ausschlaggebend ist (vgl. Domeyer et al.<br />

1989: 15 und Heider et al. 1997: 105). Zudem lassen sich die von Oppenheimer angeführten<br />

Gründe (Kapital-, Absatz- und Disziplinmangel) für das Scheitern von Produktivgenossenschaften<br />

bei modernen selbstverwalteten Betrieben nicht (mehr) beobachten. Zum einen ist die<br />

von vielen Seiten beklagte „Unterkapitalisierung“ der Betriebe – wie die neue Hessenstudie zeigt<br />

– gerade für länger bestehende Betriebe kein Problem mehr; auch Bankkredite sind in selbstverwalteten<br />

Betrieben inzwischen zu einer normalen Finanzierungsquelle geworden 130 . Zum andern<br />

128 Festzustellen ist allerdings, dass in dieser Studie etwa ein Viertel der Beschäftigten Einkommensdefizite über<br />

Freundes- und Familienkreis oder Zusatzjobs lindern (Domeyer et al. 1989: 17).<br />

129 Die Überprüfung des Transformationsgesetzes ist ein wesentliches Ziel der neuen Hessenstudie (Heider et al. 1997),<br />

die bezeichnenderweise den Titel „Kontinuität oder Transformation“ trägt.<br />

130 Auch die ältere Hessenstudie zeigt, dass die oft behauptete hohe Verschuldung nur bei einem Drittel der Betriebe<br />

besteht und die Hälfte der befragten Betriebe gute Erfahrungen mit ihren Banken machten.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!