Selbstverwaltung
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gen entgegenstehen. Ernüchtert wird in beiden Studien festgehalten: Quotierungsregelungen haben<br />
„eine positive Aussenwirkung und sind kostenneutral oder gar umsatzsteigernd, also rein<br />
kosmetischer Natur“ (Heider/Mevissen 1991: 147 und Heider et al. 1997: 141).<br />
Heider et al. (vgl. 1997: 182ff.) haben sich die Frage gestellt, inwieweit selbstverwaltete Betriebe<br />
sich im Laufe der Zeit entpolitisiert haben. Sie stellen fest, dass die Häufigkeit politischer Aktionen<br />
des Betriebs und die Einbindung der Beschäftigten in feste politische Zusammenhänge<br />
zwar abgenommen hat, trotzdem haben sich die Betriebe ihrer politischen Seite aber nicht entledigt.<br />
Vernetzungen mit andern selbstverwalteten Betrieben sind im Vergleich zur älteren Untersuchung<br />
brüchiger und bei der Kooperation stehen betriebliche Belange im Vordergrund. Zusammenfassend<br />
halten Heider et al. (1997: 195) fest, dass „nach wie vor ein – wenn auch<br />
schwächer gewordener – Zusammenhang zwischen den Betrieben und den neuen sozialen Bewegungen“<br />
besteht. <strong>Selbstverwaltung</strong> ist nach ihrer Ansicht eine „spezifische Unternehmenskultur<br />
auf der Basis gemeinsamer politisch-ideeller Wertvorstellungen“. Der auf einer gemeinsamen<br />
Geschichte und politischen Aktivitäten basierende Grundkonsens führt zu einer tragfähigen<br />
Balance zwischen Individuum und Kollektiv und ermöglicht erst eine effiziente <strong>Selbstverwaltung</strong>sstruktur.<br />
3.5.3.7. Thesen zu selbstverwaltetem Arbeiten im Lichte der empirischen<br />
Ergebnisse<br />
Im Folgenden sollen die beiden in der Debatte um selbstverwaltete Betriebe am heftigsten diskutierten<br />
Thesen der „Armutsökonomie“ oder der „Kinder in Not“ sowie das Oppenheimer'sche<br />
„Transformationsgesetz“ mit den empirischen Ergebnissen verglichen werden.<br />
Für die in der Debatte um selbstverwaltete Betriebe immer wieder postulierte These der „Kinder<br />
in Not“ 126 lassen sich keine empirischen Belege finden. Die vergleichende Untersuchung zweier in<br />
Hinsicht auf die Wirtschafts- und Arbeitsmarktsituation unterschiedlicher Regionen (Domeyer<br />
et al. 1989) zeigt klar, dass die spezifische Arbeitsmarktsituation keinen dominierenden Einfluss<br />
auf die Existenz von selbstverwalteten Betrieben hat. Auch die Analyse der individuellen<br />
Gründungsmotive zeigt auf, dass nie wirtschaftliche, sondern organisationsspezifische oder<br />
politische Motive im Vordergrund stehen 127 . Demgegenüber deuten die Ergebnisse der meisten<br />
Studien darauf hin, dass die Häufigkeit von selbstverwalteten Betrieben eng mit der Existenz<br />
eines bewegungsnahen kulturellen Umfelds zusammenhängt und die Betriebe damit als „‚Kinder<br />
jeweils lokaler Bewegungsmilieus“ (Beywl 1989: 10) denn als „Kinder in Not“ zu verstehen<br />
sind.<br />
Die Annahme, dass es sich bei der <strong>Selbstverwaltung</strong>swirtschaft um eine „Armutsökonomie“<br />
handle, für die schlechte Arbeitsbedingungen, extrem niedrige Einkommen und mangelhafte soziale<br />
Absicherung der Beschäftigten („Selbstausbeutung“) kennzeichnend seien und deren<br />
Überleben nur in Marktnischen und durch staatliche Subventionierung möglich sei, kann auf-<br />
126 Die „Kinder in Not“-These postuliert, dass es sich bei selbstverwalteten Betrieben um eine wirtschaftliche Selbsthilfe<br />
in Notzeiten handelt; vgl. Kapitel 3.4.3. der vorliegenden Arbeit.<br />
127 Eine detaillierte Analyse der Gründungsmotive findet sich beispielsweise in Heider/Mevissen (1991: 81ff.).