Selbstverwaltung

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den Jahren 1989/1990 wurden im Rahmen von Lizentiatsarbeiten an der Uni Bern einige empirische
Studien zu Themen schweizerischer Selbstverwaltung verfasst und die Ergebnisse im
Sammelband „Selbstverwaltung. Soziale Ökonomie in schwierigen Zeiten“ (Wallimann 1996)
veröffentlicht. Die Resultate dieser Untersuchungen zeigen eine gewisse Abkehr von alten Ideologien
und eine Entwicklung in Richtung wirtschaftlicher Effizienz und grösserer Pragmatik.
Auch Zeitungsartikel oder die vom Zürcher „Netzwerk für Selbstverwaltung“ herausgegebene
Zeitschrift (info/sapperlot/salopp) thematisieren, wie schwierig die Umsetzung der ursprünglichen
Ansprüche in der Realität ist, und dass oft nur eine Anpassung der innerbetrieblichen Organisationsstrukturen
das Überleben des Betriebs sicherte.
In Selbstverwaltungskreisen und Gebrauchsliteratur ist aber nach wie vor umstritten, wieweit
Anpassungen an die Bedürfnisse des Betriebs und der dort Beschäftigten überhaupt legitim und
verbreitet sind. Zentral ist in diesem Zusammenhang die in Selbstverwaltungskreisen viel diskutierte
Frage, ob egalitäre formale Partizipation aller Betriebsmitglieder möglich ist oder ob diese
Partizipation in gewissen Bereichen eingeschränkt werden kann, ohne dass das Selbstverständnis
als selbstverwalteter Betrieb verloren geht. Die Sichtung der relevanten wissenschaftlichen
Literatur zeigt allerdings, dass weder Studien zu unterschiedlicher formaler Partizipation in
Selbstverwaltungsbetrieben noch empirische Untersuchungen zur Entwicklung der schweizerischen
Selbstverwaltung in den 90er Jahren vorliegen.
Die vorliegende Untersuchung soll in diesem Sinn zwei Lücken füllen: Einerseits soll sie Aufschluss
über Strukturdaten wie Verbreitung, Grösse etc. von selbstverwalteten Betrieben in der
deutschsprachigen Schweiz geben, andererseits soll aufgezeigt werden, in welchem Umfang und
in welchen Formen formale Partizipation in den heutigen Selbstverwaltungsunternehmen verbreitet
ist und inwieweit sie mit weiteren strukturellen Merkmalen im Zusammenhang steht.
2.2. Ziel der Untersuchung
Mit der Erhebung von empirischen Daten soll der Wissensstand über Umfang und strukturelle
Merkmale von erwerbs- und marktorientierten selbstverwalteten Betrieben in der deutschsprachigen
Schweiz aktualisiert werden 2 .
Aufgrund des Vergleichs mit den Ergebnissen älterer Untersuchungen sollen zudem Aussagen
über die Entwicklung dieser betrieblichen Organisationsform ermöglicht werden. Ausserdem
sollen detaillierte Ergebnisse zur formalen Regelung von Partizipation in diesen Betrieben vorgestellt
werden. Hier stellt sich insbesondere die Frage, welche Partizipationsmodelle sich etabliert
haben und inwieweit formale Regelungen von differenzierter Partizipation in selbstverwalteten
Betrieben verbreitet sind.
2 Nicht in die Untersuchung einbezogen werden solche selbstverwalteten Projekte oder Organisationen, die in erster
Linie kulturell, sozial oder politisch tätig sind und für ihre Mitglieder keine Erwerbsfunktion bieten. Betriebe in der
französisch- und italienischsprachigen Schweiz wurden ebenfalls nicht einbezogen: Zum einen gibt es nicht viele
selbstverwaltete Betriebe in diesen Regionen, zum andern hätte die Übersetzung des Fragebogens in die entsprechenden
Sprachen einen erheblichen zusätzlichen Aufwand bedeutet.