Selbstverwaltung
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mehrheiten für Entscheidungsbefugnisse ausschlaggebend sind, sondern die Partizipation aller<br />
Organisationsmitglieder prinzipiell gewährleistet ist 151 .<br />
3.6.1.2. Idealisierungs- und Differenzierungsebenen<br />
Die beiden konstitutiven Merkmale eines selbstverwalteten Betriebs bilden die zwei grundsätzlichen<br />
Idealisierungs- und Differenzierungsebenen für die Entwicklung der Modelle: die innerbetriebliche<br />
Organisation nach demokratischen Grundsätzen und das Prinzip der Rollenidentität.<br />
Als Ideal gesetzt ist eine direkte Basisdemokratie von mit gleichem Stimmrecht ausgestatteten<br />
Mitgliedern, die alle Entscheidungen im Unternehmen stets gemeinsam fällen. Davon abgeleitet<br />
werden Organisationsformen, die zunehmend mehr Delegationsstufen bzw. „Entscheidungszentren“<br />
aufweisen und damit zunehmend indirekt demokratisch sind.<br />
Die Rollenstruktur ist in der idealisierten <strong>Selbstverwaltung</strong>sform in dreifacher Hinsicht vereinheitlicht:<br />
Alle Betriebsmitglieder sind gleich gestellt in Bezug auf Arbeitsleistung, Managementkompetenz<br />
und Kapitalbeteiligung (Identität). Sie integrieren die verschiedenen Aufgaben, die<br />
im Organisations- und Arbeitsprozess anfallen, in eine umfassende, polyfunktionale Rolle. Damit<br />
ist die „Rollenidentität“ konstruiert, bei der alle Beteiligten zugleich „(Mit-)Arbeiter, (Mit-)<br />
Unternehmer und (Mit-)Kapitalgeber“ sind (Hettlage 1988: 61). Abgeleitet werden davon Betriebsmodelle<br />
mit zunehmender Arbeitsteilung 152 und mit differenzierteren Kapitalbeteiligungssystemen.<br />
Da alle Organisationsmodelle nach demokratischem Prinzip ein Pro-Kopf-<br />
Stimmrecht vorsehen, ist nicht die Höhe des individuell eingebrachten Kapitals entscheidend;<br />
wichtig ist dagegen, ob alle im Betrieb Mitarbeitenden Anteile besitzen sowie ob auch Nichtmitarbeitende<br />
am Kapital im Betrieb beteiligt sind.<br />
Für die Modellbildung werden die demokratische Dimension und die Dimension der Rollenstruktur<br />
miteinander verknüpft und nach ihrem Vereinheitlichungs- bzw. Differenzierungsgrad<br />
abgestuft. Entsprechend korrespondiert bei idealtypischer Totalpartizipation eine absolut vereinheitlichte<br />
Demokratieform mit einer absolut vereinheitlichten Rollenstruktur. Die davon abgeleiteten<br />
weiteren Modelle limitierter Partizipation zeichnen sich durch eine zunehmende Differenzierung<br />
der Rollenstruktur aus, die mit einer zunehmend differenzierten demokratischen Organisationsform<br />
einher geht.<br />
151 Die Genossenschaft ist die einzige Rechtsform für Unternehmen, die mit dem Pro-Kopf-Stimmrecht der Mitglieder<br />
eine kapitalunabhängige, demokratische Entscheidungsfindung vorsieht. In der Genossenschaftslehre wird bei dieser<br />
Massnahme von Kapitalneutralisierung gesprochen. Als Abgrenzungskriterium gegen konventionelle Unternehmensformen<br />
hat diese Eigentumsordnung einen hohen Stellenwert. Dies gilt für die Genossenschaften allgemein und nach<br />
Hettlage auch für selbstverwaltete Betriebe.<br />
Als Partizipationsmodelle konventioneller Unternehmen nennt Hettlage (1988: 62) teilautonome Gruppen oder ein<br />
partizipativer Führungsstil, die ohne Änderung der Eigentumsstruktur sowohl eingeführt als auch wieder abgeschafft<br />
werden können. Ebenfalls ungenügend für seine <strong>Selbstverwaltung</strong>sprinzipien sind Mitbesitz von Belegschaftsaktionären<br />
oder stille Beteiligungen, wenn sich die Mitentscheidungsrechte allein aus Grad und Umfang der<br />
Kapitalbeteiligung bemessen.<br />
152 Horizontale und/oder vertikale Arbeitsteilung: Die Rollendifferenzierung kann sich dabei nur auf die Arbeitsplatzebene<br />
oder auch auf die Unterscheidung von ausführenden (Arbeitsplatzebene) und dispositiven (Managementebene)<br />
Tätigkeiten beziehen.