D I E V O G T E IVon der Gründung der Stadt bis zum Aufstand des Vogtes Albert (1257— 1312)Über die verfassungsrechtlichen Verhältnisse, die in Krakau zur Zeit der Gründung herrschten,wissen wir aus der Gründungsurkunde vom Jahre 1257 hinlänglich Bescheid4), während wir von der<strong>deutsche</strong>n Siedlung, die schon lange vor 1257 auf dem Gelände der heutigen Stadt, auf bischöflichemGrund und Boden, bestanden hat, nur ganz allgemein wissen, dass sie nach MagdeburgischemRecht lebte5) und dass an ihrer Spitze Schultheissen standen, von denen uns zwei, Peter und Salomon6),namentlich überliefert sind. Die erste Epoche der Stadtgeschichte, die bis zum Aufstand desVogtes Albert (1312) gerechnet wird, ist durch die überragende Stellung der Stadtvögtegekennzeichnet. Die ersten Vögte — zugleich die Lokatoren der Stadt— waren eng mitSchlesien verbunden. Die Stadtgründung war für sie ein Geschäft, nach dessen Gelingen sie sichneuen Aufgaben zuwandten. Die Vogtei, die sie als Gründerlohn erhielten, müssen sie bald wieder verkaufthaben, denn wir treffen bereits 1264 einen anderen Vogt in Krakau, der an der Gründung nichtbeteiligt war7). Materielle Grundlage der Stellung der Vögte war die Ausstattung der Vogt ei,die wir aus der Gründungsurkunde kennen. Zur Vogtei gehörte der sechste Teil des Zinses von denTuch-und Kaufkammern, jede sechste Hofstätte in der Stadt, frei von allen Lasten, alle Fleisch-,Brot- und Schuhbänke, ohne dass die Vögte von ihnen dem Herzog Zins zahlen mussten, einKuttelhof vor der Stadt, Zollfreiheit für alle Waren, mit denen die Vögte im Gebiet des Herzogs Handeltrieben, und 30 fränkische Hufen, frei von allen Abgaben und den Lasten und Dienstendes Herzogsrechts. Ferner schenkte der Herzog den Vögten 4 Mühlen am Bach Prondnik,von denen sie ihm je Rad einen Vierdung Zins zahlen mussten, und verlieh ihnen schliesslicheine Konzession zum Bau weiterer Mühlen am Prondnikbach und an der Weichsel. Die dreiWeichselmühlen, die die Vögte errichten durften, waren von allen Abgaben befreit, musstenaber dafür unentgeltlich für den Bedarf des herzoglichen Hofes mahlen, wenn der Herzog sich inder Stadt oder drei Meilen in ihrem Umkreis aufhielt. Dass den Vögten der dritte Teil der Gerichtsgefällezustand, ist zwar in der Urkunde nicht ausdrücklich erwähnt, versteht sich aberangesichts der Tatsache, dass die Stadt zu Magdeburger Recht gegründet wurde, von selbst.I.‘ ) CDCC Teil I Nr. I.5) Fejer, IV , Teil I, 353. Urkunde Boleslaus des Schamhaften für Pudlein. (1244) CDPM in II, 425.6) Monografia Opactwa Cystersöw we wsi Mogile, Teil II, Zbior D yplom ow Klasztoru Mogilskiego, Nr. 8 undNr. 11. 1228 und 1230. (Nr. 8: E go Petrus, scolthetus Cracoviensis etc. Unter den Zeugen dieser den V erkauf des DorfesTruszyn an den A b t von M ogila betreffenden Urkunden kom m en auch zwei K aufleute v or: Burchardus et Arnoldus,mercatores. Nr. 11: Hier erscheint „Petrus scolthetus“ als Zeuge. Ferner ist in der Urkunde ein Krakauer Kaufmann,also ein Angehöriger dieser ersten <strong>deutsche</strong>n Gemeinde genannt: Dyonisius, m ercator Cracoviensis. Zwei weitere K aufleuteheissen Gozlaus und Vilkynus). Den Schulzen Salom on kennen wir aus einer Urkunde Herzogs Boleslaus von K rakauund Sandomir von 1250, die im Urkundenbuch von Mogila unter Nr. 22 abgedruckt ist.7) CDPM in I I Nr. 471 (1264).Die Lokatoren-V ögte hiessen Gedko genannt Stilvoyt, Jakob, früher Richter in Neisse, und Dethm ar genannt W olk.Gedko entstam m te der bekannten Breslauer Familie Stillevogt, die ihren Namen wahrscheinlich daher hat, dass einerihrer V orfahren dem Stadtgericht beiwohnte, um die Gerichtsgebühren, soweit sie dem Stadtherm zustanden, für dieseneinzuziehen. Gedko erscheint 1269 in Breslau als Godekinus dictus Stillevogt, Bürger von Breslau und Besitzer einerMühle an der Ohle. (K orn, Breslauer Urkundenbuch, Breslau 1870, Nr. 36). Ob der Gotkinus, ciuis Wratislauiensis, dernach der Urkunde von 1272 (K orn, Nr. 41) V ogt der Neustadt Breslau gewesen ist, m it Gedko bzw. Godekinus Stillevogtidentisch ist, muss dahingestellt bleiben. St. Estreicher in „K rak ow i Magdeburg w przywileju fundacyjnym krakowskim“in der Festschrift für Ulanowski, Krakau 1911, S. 411 Anm . 12 identifiziert die beiden. — Dethmar genanntW olk hat Skala bei Krakau gegründet (CDPM in I Nr. 75, 1267). Ob er freilich mit dem Breslauer Ditm ar Rutenusidentisch ist, wie Estreicher op. cit. S. 411 und nach ihm Niwinski op. cit. S. 40 angenommen haben, ist zweifelhaft.Jakob, früher Richter in Neisse, erscheint als solcher noch im Jahre 1254 unter den Zeugen einer Urkunde des BischofThomas (Cod. dipl. Sil. Band V II, Regesten zur Schlesischen Geschichte, hersgeg. von C. Grünhagen, Nr. 864, S. 38,Breslau 1884). Dass die V ögte die V ogtei nicht lange innegehabt haben, erfahren wir auch aus den Krakauer Kapitelannalen,wo es unter dem Jahre 1257 heisst: Cracoviensis civitas <strong>iur</strong>e Theutonico traditur et situs fori per advocatos etdom orum et curiarum immutatur. Sed iidem advocati in sua advocacia m odicum duraverunt.93
Dieser Katalog von Rechten entspricht mehr oder weniger der Ausstattung, die die Yogteienaller damals in Schlesien und Polen entstehenden Städte erhielten. In Anbetracht der Übereinstimmung,die die Gründungsurkunden in dieser Hinsicht aufweisen, ist anzunehmen, dass gewissegewohnheitsrechtliche Vorstellungen massgebend gewesen sind, unter denen der Herzog das„Recht“ verstanden hat, über das er in zwei Fällen zugunsten der Stadt hinausgegangen ist. DenZins von den Tuch- und Kaufkammern nämlich hätte er mit Rücksicht darauf, dass er sie auf eigeneKosten hatte bauen lassen, sich selber Vorbehalten können. Deshalb betont er ausdrücklich, dasser den sechsten Teil dieses Zinses den Vögten nicht von Rechts wegen, sondern aus besondererGnade gebe. Ferner war es offenbar nicht üblich, dass den Vögten die Hofstätten zinsfrei überlassenwurden, denn auch diese Position des Dotationsverzeichnisses hat einen ähnlichen Vermerk.Das Privileg Ladislaus Ellenlangs von 13068), in dem die Rechte der Stadt bestätigt wurden, führteinsofern zu einer Veränderung des Besitzstandes der Vogtei als nach dem Vorbild anderer Städteanstelle des in der Gründungsurkunde zuerkannten Ackerlandes eine laufende Geldrente trat. Die30 fränkischen Hufen der Urkunde von 1257 werden nämlich im Privileg von 1306 nicht mehr erwähnt.Dafür erscheinen einige neue Positionen: 1/6 des Zinses, den der Herzog von den städtischenHufen erhält, der ganze herzogliche Zins von den Tuch- und Kaufkammern, wenn auch mitder Auflage der Zahlung von 12 Mark und 8 Skot Silbers an die Domschule in Gnesen belastet, und1/6 aller Einkünfte, die dem Herzog oder der Stadt innerhalb der Stadt zustehen. Ferner wird, umden Verlust des Landbesitzes vollends auszugleichen, der Bau von Mühlen an der Rudawa und dasFischen in der Weichsel bei Krakau von einer Erlaubnis der Vögte abhängig gemacht.Zu Unrecht hat man die Urkunde Boleslaus des Schamhaften vom 10. Mai 1264 mit der Ausstattungder Vogtei in Verbindung gebracht9). Die ewige Rente von 5 Mark, die die Kanoniker der KollegiatkircheSt. Michael in Krakau als Entschädigung für Rechte, die sie vor der Gründung derStadt innehatten, erhalten, soll aus dem städtischen Zins bestritten werden. Dieser Zins gehörteaber dem Herzog und nicht dem Vogt. Der Passus „in Raschone aduocato et eius omnibus successoribusde censu ciuitatis“ besagt nicht, dass die Vögte die Kanoniker aus eigenen Mitteln entschädigensollen, sondern nur, dass sie als Einnehmer des städtischen Zinses für den Herzog demHerzog persönlich für die Auszahlung der 5 Mark an das Kollegiatstift bürgen. Der Vorfall hat einSeitenstück im benachbarten Schlesien. Die Bischöfe von Breslau, die in Liegnitz und Glogau ausder Zeit vor der Kolonisation Rechte innehatten, auf die sie auf Bitten der Herzöge im Interesseder Kolonisten verzichteten, wurden dafür von den Herzögen aus eigener Tasche — nicht etwaaus den Einkünften der Stadtvögte — befriedigt. So erhielten die Glogauer Domherrn von HerzogKonrad eine Reihe von Immunitätsprivilegien und Bischof Thomas von Herzog Boleslaus einejährliche Rente von 18 Mark aus den Einkünften der Münze in Liegnitz10).Der besonders reichlichen Dotierung der Vogtei entsprachen aussergewöhnliche Kompetenzen aufdem Gebiet der Rechtspflege. Die niedere Gerichtsbarkeit stand den Vögten in vollem Umfangund die höhere zum weitaus grössten Teil zu. Nur in schweren Fällen — wahrscheinlich inden drei Fällen, in denen nach Magdeburgischem Recht das Gericht des Burggrafen oder des Landvogteszuständig war — behielt sich der Herrscher das Recht vor, selbst zu richten oder ad hoceinen Richter aus seinem Gefolge zu bestimmen. Das Versprechen „quod nullum eis preficiemusaduocatum, nec specialem nec generalem“ 11) ist ein Verzicht auf die Einsetzung eines ständigen8) CDCC I Nr. 3.9) CDPMin II Nr. 471, Ptasnik: W ojtow stw o krak. w wiekach srednich. Spraw. T ow . N auk. we Lwowie 1924, S. 75ff.10) Tzschoppe und Stenzel: Urkundensamm lung zur Geschichte des Ursprungs der Städte in Schlesien und der Oberlausitz,H am burg 1832, Nr. 42 und 59, S. 330 und 367.“ ) CDCC I Nr. 1.94
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