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viertei jahresschrift dfs instituts iur deutsche ostarbeit krakau

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Mit diesen Wesenszügen wird Kopernikus für die heutige Zeit, in der wir wieder mitten in denAuseinandersetzungen über die Grundsätze echter Naturforschung leben, ein leuchtendes Vorbildfür alle diejenigen, denen echte, auf der Beobachtung beruhende und die Wahrheit suchendeNaturforschung höchstes Ziel und eigenes inneres Anliegen ist.Leider hat uns Kopernikus nicht in so offener Weise Einblick in sein Schaffen und in die Gedankengänge,die ihn bewegten, gegeben, wie dies später sein grösser Nachfolger Johannes Kepler(1571— 1630) tat. Dieser Sachverhalt brachte es mit sich, dass im Laufe der Zeiten ein umfangreicheswissenschaftliches Schrifttum entstand, das sich vor allem mit der Frage befasste,wie und auf welche Weise Kopernikus zu dem Grundgedanken seines neuen Weltbildes gekommenwar, dass entgegen der überlieferten ptolomäischen Anschauung und entgegen dem Sinnenscheinnicht die Erde ruht und Sonne und Planeten um sie kreisen, sondern dass die Sonne ruht undErde und Planeten sich um sie bewegen. Das besondere Augenmerk all dieser Erörterungengalt vor allem der Entscheidung der Frage der Abhängigkeit des grossen <strong>deutsche</strong>n Astronomenvon der Antike, in der bei pythagoräischen Mathematikern im 4. Jahrhundert v. ZW . der Gedankeder Bewegung der Erde nachweisbar vorhanden war. Einer derselben, Aristarch von Samos(ca. 310— 230 v. ZW .) liess die Erde gleich allen anderen Planeten um die Sonne als Mittelpunktkreisen und war so der erste, in der Folgezeit aber fast nicht mehr beachtete Vertreter einesheliozentrischen Weltsystems. Die neueste, alle bisherigen Forschungsergebnisse undvorhandenen Quellenmaterialien zusammenfassende und auf umfangreichen eigenen Untersuchungenberuhende Arbeit von Eugen Brachvogel: „Nikolaus Koppernikus und Aristarchvon Samos“ hat abschliessend den klaren Nachweis erbracht, dass die kopernikanische Erkenntnisselbständig und unabhängig von Aristarch entstanden ist. Sie zeigte darüber hinaus auf, welcherUnterschied zwischen dem heliozentrischen Weltsystem des Aristarch und dem des Kopernikusbesteht und wie weit Kopernikus über Aristarch hinausführte: denn was bei letzterem ein G e­danke und eine Vorstellung war, wurde bei Kopernikus durch Forschung gewonnene festgegründeteErkenntnis der Wirklichkeit. Es war wirkliche Schöpfung, die ja nicht davorliegt, wo ein neuer originaler Gedanke einmal aufleuchtet, sondern vielmehr dort, wo dieserGedanke zum herrschenden Prinzip erhoben wird und in der Gestaltung und Durcharbeitungseine Kraft und seine Fruchtbarkeit erweist.Der Frage der Verwurzelung des Kopernikus in den Gedankengängen <strong>deutsche</strong>r und europäischerDenker und Naturforscher, die in den Jahrhunderten unmittelbar vor ihm und zu seiner Zeitselbst lebten und wirkten, ist kein so grösser Raum im vorliegenden Schrifttum gewidmet. Dennochist ihre Behandlung zumindest ebenso bedeutungsvoll, wie die der Abhängigkeit des Kopernikusvon Aristarch — vermittelt sie doch Einblick in die Einordnung des Kopernikus in dieGesamtentwicklung des europäischen und <strong>deutsche</strong>n Geisteslebens, vor allem aber in die Linieder <strong>deutsche</strong>n Naturforschung, zu deren ersten Vertretern Kopernikus selbst gehört.Wir werden daher später gerade hierauf noch einmal besonders zu sprechen kommen.Über die astronomische Arbeitsweise des Kopernikus sind wir besser unterrichtet. Übersie berichtet uns der Schüler des Kopernikus, Rhaetikus, der sich im Frühjahr 1539 aus eigenemAntrieb von Wittenberg, wo er Professor der Mathematik war, nach Frauenburg begeben hatte,folgendes: „Mein Herr Lehrer hat die Beobachtungen aller Zeiten mit den seinigen in eine Ordnunggebracht und in Verzeichnisse zusammengetragen, die er immer zum Einblick bereitliegen hatte.Wenn nun etwas festzustellen oder in die Wissenschaft und angenommene Lehre aufzunehmenist, schreitet er von jenen ersten Beobachtungen ausgehend bis zu seinen eigenen fort und erwägtsorgfältig, nach welchem Gesetze sie miteinander in Einklang zu bringen sind. Was er nunhierbei durch richtige Schlussfolgerung aufgefunden hat, das vergleicht er mit den Lehren derAlten und des Ptolomäus. Wenn er dann, nachdem er alles mit der grössten Sorgfalt erwogen,15

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