Der Einfluss des Fürsten auf die Zusammensetzung des Rates ist aber nicht auf die Bestimmung derPersönlichkeit beschränkt gewesen. Auch auf die soziale Zusammensetzung hat er— wie wir aus einerundatierten Urkunde Kasimirs des Gr. wissen — eingewirkt. In dieser Urkunde heisst es: quando . . .consules eliguntur . . . ut medietas sit de populo mechanico, medietas vero de populo civili ac mercatorum92).In einigen Fällen erlässt der König das städtische Rechtsleben betreffende Verordnungen.So sind die beiden Urkunden aus den Jahren 1336 und 1342 vom König sanktionierte Ratswillküren,die in erster Linie die Erweiterung der gerichtlichen Kompetenzen des Rates zum Gegenstandhaben93). Wie aus dem Wortlaut hervorgeht, hat der Rat dem König die fertigen Willkürenvorgelegt, die der König dann erlassen hat94). Zuweilen überträgt der König aber auch aus eigenerInitiative dem Rat neue Funktionen oder nimmt ihm andererseits Rechte, die er bisher besessenhat. Hierher gehören das Privileg Kasimirs des Gr., das die Ratmannen mit der Erhebungvon Strafen von fremden Kaufleuten für gewisse Übertretungen beauftragt95) und das PrivilegLadislaus Jagellos von 1393, in dem er den Bürgern verbietet, Geistliche zu Vormündern ihrerKinder zu machen und die Ratmannen mit der Überwachung dieses Befehls beauftragt96). Eingriffedes Königs in die städtische Verwaltung fanden jedoch kaum statt. Die wichtigsten Tätigkeitsgebietedes Rates, der Erlass städtischer Verwaltungsverordnungen und insbesondere diestädtische Finanzverwaltung, blieben vom König gänzlich unbeeinflusst. Das Verbot KasimirJagellosohns von 144997), an Personen, die ausserhalb des Staatsgebietes wohnen, das Bürgerrechtzu verleihen, galt auch für andere Städte und kann als Massnahme allgemeiner staatspolitischerNatur hier nicht herangezogen werden. Der Rat verdankt seine Entwicklung nicht königlichenPrivilegien, sondern er hat sich seine Stellung in erster Linie durch die Macht der Tatsachen selbergeschaffen. Bezeichnend für die Unabhängigkeit, die zu wahren er sich gegenüber dem König bemühthat, ist eine Eintragung im Proskriptionsbuch, nach der ein gewisser Peter Neorse zu einerGeldstrafe von 40 Mark verurteilt wurde, weil er Geheimnisse des Rates an den König verratenhatte98).D ie Zuständigkeit des Rates in Sachen der RechtspflegeDie Zuständigkeit des Rates auf dem Gebiet der Gerichtsbarkeit war — wie schon bemerkt —durch die Magdeburg-Breslauer Rechtsmitteilung von 1261, bzw. das Magdeburger Schöffenrecht,dessen Bestandteil ja dann diese Rechtsmitteilung geworden ist, auf Marktpolizeisachen und aufdie strafrechtliche Verfolgung von Übertretungen der Ratswillküren beschränkt, die wiederummit keiner höheren Strafe als mit 36 Schillingen belegt werden durften99). Der Rat konnte also dieBeobachtung seiner Gesetze mit eigener Gerichtsbarkeit durchsetzen. Mit der beträchtlichenAusweitung, die die Gesetzgebung des Rates im Laufe der Zeit erfuhr und mit der Bedeutung,die seine Willküren für das gesamte städtische Leben gewannen, hängt nun der Aufschwungzusammen, den der Rat zum Schaden der Schöffenbank als Institution der Rechtsprechung genommenhat.92) Starodawne Prawa Polskiego Pom niki, Band I S. 226. (Herausgegeben von H elcel, W arschau 1856).93) CDCC I Nr. 21 und 25. CDCC II Nr. 259. § 14 und CDCC II Nr. 260 § 1 und § 12.94) CDCC I Nr. 21: fideles nostri consules et seniores nobis humiliter suplicarunt. CDCC I Nr. 25: quod ad instanciamfidelium nostrorum consulum et seniorum.95> CDCC I Nr. 29.96) CDCC I Nr. 77.9?) CDCC I Nr. 148. K aczm arczyk: Libri Iuris Civilis S. X I I I . ' . . .98) A L II S. 30: Primus excessus, quod secreta civitatis et consilii revelavit dom ino regi.99) Magdeburger Schöffenrecht; A r t. 2: Die ratm an haben die gewalt, daz sie richten über allerhande wanemaze undUnrechte wage und Unrechte schephele unde über unrecht gewichte unde über allerhande spisekouf unde über meynkouf.A r t. 5: Die liute, die dar hoken heizen, brechen sie oder missetun sie waz an meinkoufe, sprichet man in daz zu,sie muzen wette hut unde har, oder drie Schillinge; daz stet aber an den ratmannen, welich ir sie wollen. A rt. 6: O fschefele oder ander maze zu kleine sin oder unrecht waghe, daz muzen sie w ol vorderen nach der stat kure, oder zubezzerende mit 36 Schillingen.107
Über die Tätigkeit des Vogtes und der Schöffen als Prozessgericht haben wir für das 13. und14. Jhrt.aus Krakau keinerlei Nachrichten. Das älteste erhaltene Stadtbuch enthältnur Eintragungen,die die Freiwillige Gerichtsbarkeit betreffen. Quellenstellen zur Streitigen Gerichtsbarkeitund zwar zu der des Rates besitzen wir erst aus der Mitte des 14. Jhrts. Sie sind im Liber proscriptionum(seit 1362) und den Acta Consularia (seit 1392) enthalten100). Aus dem Liber proscriptionumgeht einwandfrei hervor, dass der Rat in Markt- und Handelssachen Recht gesprochenhat101). Bei der Mehrzahl der Eintragungen handelt es sich jedoch um Verurteilungen zum Verlassender Stadt, sog. Proskriptionen, Ächtungen, die bis zum Jahre 1375 nichts weiter vermerkenals den Namen des Proskribierten und das Verbrechen, um dessentwillen er proskribiert wordenist. Die späteren Eintragungen sind dagegen aufschlussreicher. Bei fast allen Proskriptionen handeltes sich um schwere Verbrechen102), über die zweifellos die Schöffenbank urteilen musste. Vereinzeltfindet sich der ausdrückliche Hinweis darauf, dass die Proskription auf Befehl derRatmannen erfolgt sei103), und ziemlich häufig ist die Erklärung, der Rat habe den Verbrecher„ex gracia speciali“ geächtet104). Aus einer Anzahl weiterer Eintragungen geht hervor, dasszuweilen einflussreiche Persönlichkeiten den Rat gebeten haben, dem Verbrecher die Gnade derProskription zu erweisen. So wurden zwei Frauen, von denen eine mehrere Diebstähle begangenhatte, auf Bitten der Königin, und ein Mann, der auf der Strasse zwischen Kasimir und Krakaueinen Notzuchtversuch gemacht und dabei der Frau Geld geraubt hatte, auf Bitten des Erzbischofsvon Gnesen mit der Proskription belegt105). Schliesslich wurde ein Mann, von dem esheisst, dass er wegen Mordes gerichtlich verurteilt worden sei, auf Bitten der Königinfür ewig aus der Stadt verwiesen106). Aus dieser letzten Eintragung geht hervor, dass derRat ein Begnadigungsrecht gegenüber den Urteilen der Schöffenbank geübt hat. DerVerbrecher selbst oder andere für ihn konnten den Rat bitten, das Urteil der Schöffen,das in den hier berührten Fällen regelmässig auf Tod oder Verstümmelung gelautet habenwird, aufzuheben. Der Rat hob das Urteil auf, verwies aber dann den Verbrecher entwederfür immer oder für ein Jahr aus der Stadt107). Dieses Verfahren steht in schroffem Widerspruchzu den Grundsätzen des Magdeburger Rechts. Nach dem Magdeburger Recht konnte derRat niemals ein Urteil der Schöffenbank aufheben. In Krakau aber hob der Rat die Urteile derSchöffen auf und die Königin konnte, wenn sie die Begnadigung eines Verurteilten erreichenwollte, nicht den König darum bitten, sondern musste sich an den Rat wenden.Der Rat war aber nicht nur eine Gnadeninstanz, sondern er übte ausnahmsweise in Fällen,über die eigentlich die Schöffen hätten urteilen müssen, auch die erstinstanzliche Strafgerichtsbarkeitaus108). Das ist im Proskriptionsbuch durch Eintragungen wie die folgendenbelegt: Ein königlicher Würdenträger ersucht den Rat, über einen Dieb, der im Gefängnisder Stadt sitze, kein Urteil zu sprechen, weil er adlig sei109). Franke, ein früherer Gehilfe des10°) Antiquissimi Libri, Teil II. (M onumenta Medii A evi Hist. T om IV , Pars II).101) A L II S. 80 und 174.102) A L II S. 3, 8, 13 und 33: Proscriptus pro hom icidio; pro winere m ortali; pro mutilacione manus; prohibitus obmechiam sive adulterium cum uxore Johannis.loa) A L II S. 32, 36: proscriptus ad m andatum dom inorum consulum ; A L II S. 51: prohibita est civitate per dominosconsules.lM) A L II S. 49, 50, 51, 59.105) A L II S. 60 und 59.106) A L II S. 61.107) Patkaniowski op. cit. S. 53— 57.108) ders. S. 58/59.109) A L II S. 34.108
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