OCEAN7 2007-11

people
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reggae-feeling. Die Karibik ist immer Zielpunkt jeder
Atlantik-Überquerung auf der Barfußroute.
ich Scherben, Limettenstücke und Minzeblätter
aus der Plicht klaubte.
Tage später. Mitten am Atlantik. Der
gleichmäßige Passat trieb unsere 52-
Fuß-Yacht Richtung St. Lucia, und
außer dem Mittagessen, dem abendlichen
Angeln nach Doraden und dem
obligaten Sundowner gab es kaum Abwechslung
an Bord.
Bis Struckl eine geheimnisvolle Mahagonibox
entdeckte und wissen wollte,
welchen Schatz sie enthielt.
„Das ist mein Sextant“, klärte ich ihn
auf. Ein Bobby Schenk-Modell von
Cassens & Plath. „Dient der Positionsbestimmung.“
„Wozu braucht man das? Dafür gibt es
doch GPS“, meinte er.
Und nach einigen nachdenklichen Minuten
wollte der angehende Architekt
wissen: „Wie funktioniert denn das mit
dem Sextanten?“
„Eine ganz normale Winkelmessung
zwischen Horizont und Unterrand der
Sonne als Mittagsbreite beziehungsweise
zwei solchen Messungen mit exakter
Uhrzeit unter Berücksichtigung der
versegelten Strecke für die Bestimmung
von Länge und Breite.“
„Das will ich ausprobieren“, meinte
Struckl.
Ich demonstrierte, wie er durch Pendelbewegung
die Sonne vom schwankenden
Schiff aus genau auf den Horizont
setzen konnte und wir warteten bis Mittag
– dem exakten Zeitpunkt, wenn die
Sonne nicht mehr steigt und noch nicht
wieder fällt.
Struckl nahm die Messung vor, ich
kontrollierte. Dann drückte ich ihm die
HO-Tafeln in die Hand, erklärte, wie
er damit umgehen müsse und ließ ihn
rechnen. Das konnte doch kein Problem
sein für einen langjährigen Architekturstudenten
mit besonderem Interesse für
Statik, wie er immer wieder betonte.
Schon wenig später kam er mit einem
Zettel zu mir, auf den er die errechnete
Breite notiert hatte.
Wir waren nach seinem Ergebnis immerhin
noch im Atlantik.
Allerdings empfahl ich ihm, umgehend
die dickste und wärmste Kleidung herauszusuchen
und konzentriert nach gefährlichen
Eisbergen Ausschau zu halten.
„Wir müssen nach deiner Messung
genau auf der Breite von Grönland sein.
Heute Nacht sehen wir bestimmt die
Aurora borealis, das Nordlicht.“
Überprüfen wollte Struckl seine Rechenkünste
nicht mehr: „Nicht nötig. Ich
weiß ja jetzt, wie es geht. Die Rechnerei
ist doch nur noch ein langweiliges Kinderspiel.“
Unsere Überfahrt dauerte 21 Tage.
Was aus dem sagenhaften Kunstwerk
mit den 21 atlantischen Sonnenaufgängen
auf See geworden ist? Das fiel leider
der Müdigkeit zum Opfer. Struckl hatte
nicht einen einzigen Sonnenaufgang im
wachen Zustand erlebt. Nicht einmal
die, zu denen er zur Wache eingeteilt
war. Die übernahm sein Vater, der mit
ihm auf dieser Reise war.
Struckl studiert vermutlich heute noch
– wenn er nicht gerade in Spezialkursen
Astronavigation unterrichtet.
Liebe OCEAN7-Leser! Haben auch Sie schon Mitsegler an Bord
gehabt, an die Sie sich auch heute noch mit Vergnügen erinnern?
Dann schreiben Sie uns über Ihre Erlebnisse. Jeden veröffentlichten
Text belohnen wir mit einem OCEAN7-Outfit (T-Shirt und Kappe).