Soziale Integration und ethnische Schichtung - Schader-Stiftung
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Ob unter diesen Bedingungen das Modell der ‚urbanen‘ Stadt aufrechtzuerhalten ist, ist<br />
unwahrscheinlich, denn es setzt eine relativ hohe soziale Homogenität voraus. Mit<br />
wachsender sozialer <strong>und</strong> <strong>ethnische</strong>r Heterogenität ist es nicht zu vereinbaren.<br />
Die Abschottung gegen Zuwanderung <strong>und</strong> die soziale Ausgrenzung großer<br />
Bevölkerungsteile in den Großstädten ist Ausdruck des Versuchs, das individualistische<br />
<strong>Integration</strong>smodell zu bewahren – zu bewahren durch die Errichtung von Mauern, die<br />
eine homogene Binnenwelt gegen die anbrandende Auflösung abschirmt. Diese Mauern<br />
verschließen individuelle Zugänge <strong>und</strong> verweisen die ‚Überflüssigen‘, die Nicht-<br />
Integrierten auf andere Vergesellschaftungsmodi, z.B. auf die Bildung von<br />
Notgemeinschaften zur Sicherung ihrer kulturellen Unversehrtheit <strong>und</strong> des materiellen<br />
Überlebens. In der Verteidigung der ‚alten‘ Stadt wächst aber so bereits die neue Stadt<br />
heran, die Einwandererstadt.<br />
Das Paradigma der kulturell homogenen, sozial nur wenig differenzierten Großstadt, die<br />
durch die Institutionen des Arbeitsmarktes <strong>und</strong> des Sozialstaates die <strong>Integration</strong> aller<br />
Bewohner sicherstellt, <strong>und</strong> das bis heute den unbefragten Hintergr<strong>und</strong> für alle<br />
stadtentwicklungspolitischen Ziele <strong>und</strong> Instrumente bildet, hat sich angesichts des<br />
demographischen <strong>und</strong> ökonomischen Wandels überlebt. An seine Stelle muß, wenn die<br />
genannten Trends sich fortsetzen, das Paradigma der Einwandererstadt treten.<br />
1.7 Konflikte<br />
Wir haben festgestellt, daß die ‚urbane‘ Stadt <strong>und</strong> die Mosaik-Stadt verschiedene<br />
sozialräumliche Muster repräsentieren. In der Wirklichkeit existieren sie nebeneinander<br />
an verschiedenen Orten in der Großstadt <strong>und</strong> werden von verschiedenen<br />
Bevölkerungsgruppen bewohnt.<br />
In der Regel finden sich die ‚urbanen‘ Lebenswelten mit anonymen Nachbarschaften in<br />
den innerstädtischen Bereichen. In den äußeren Stadtbezirken oder im Umland findet<br />
man dagegen eher solche Bewohner, die den Wunsch nach nachbarschaftlichen, engeren<br />
sozialen Beziehungen haben <strong>und</strong> die soziale Heterogenität <strong>und</strong> Anonymität eher<br />
fürchten. Segregiert sind auch <strong>ethnische</strong> Quartiere, doch haben sie eine andere<br />
Gr<strong>und</strong>lage für nachbarschaftliche Beziehungen: soziale Netze einer homogenen Kultur,<br />
die zugleich informelle Hilfe- <strong>und</strong> Unterstützungssysteme darstellen. In ihnen kann<br />
sich, wenn sie lange genug bestehen, eine eigene Infrastruktur bilden, die auf die<br />
speziellen Bedürfnisse der Bewohner ausgerichtet ist.<br />
Konflikte entstehen vor allem dort, wo diese unterschiedlichen Lebensweisen<br />
aufeinanderstoßen, wo sich Fremdes nicht voneinander separieren oder unberührt<br />
nebeneinander leben kann. Das ist dann der Fall, wenn Gruppen, die wenig miteinander<br />
im Sinn haben, zu Kontakten gezwungen werden.<br />
Insbesondere entstehen dort mitunter heftige Konflikte, wo einander fremde Bewohner<br />
einen sozialen Raum teilen <strong>und</strong> dadurch auch Ressourcen teilen müssen. Quartiere<br />
stellen Ressourcen bereit, die in der Regel begrenzt sind: öffentlichen Raum, öffentliche