Soziale Integration und ethnische Schichtung - Schader-Stiftung
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Segregation ist die Projektion der Sozialstruktur auf den Raum. Sozial einander nahe<br />
Gruppen leben auch räumlich benachbart, Veränderungen der räumlichen Position einer<br />
Gruppe spiegeln ihren sozialen Auf- oder Abstieg. Prozesse der sozialen <strong>Integration</strong><br />
bzw. der Ausgrenzung müßten sich demnach an den Bewegungen einer Gruppe im<br />
städtischen Raum ablesen lassen.<br />
Universell aber kann das Phänomen der Segregation nur in soweit genannt werden, als<br />
damit die einfache Tatsache bezeichnet ist, daß städtischer Raum immer sozial<br />
strukturierter Raum ist. Nach welchen Prinzipien (Schicht, Stand, Klasse, Rasse,<br />
Religion, Lebensstil, Beruf oder politische Macht) <strong>und</strong> über welche Mechanismen<br />
(Gewalt, Markt, politisch-administrative Planung oder freie Wohnstandortwahl) welche<br />
Muster sozialräumlicher Struktur sich bilden, <strong>und</strong> wie diese Strukturen wahrgenommen<br />
<strong>und</strong> bewertet werden (als gottgegeben oder quasi naturgesetzliche, als wünschenswerter<br />
Zustand oder als zu bekämpfende Ungerechtigkeit) – all das hat sich mit jeder<br />
gesellschaftlichen Formation gewandelt (vgl. Herlyn 1974). Die sozialräumliche<br />
Struktur der vorindustriellen europäischen Stadt beruhte auf einem Gemisch ständischer<br />
Prinzipien (Herkunft <strong>und</strong> Ehrbarkeit), funktionaler Gliederungen nach Beruf (Kaufleute,<br />
Handwerker) <strong>und</strong> Religion (Christen, Juden), wobei die darauf aufbauenden<br />
Untergliederungen (das Patriziat, die Gilden <strong>und</strong> Zünfte, das Ghetto) zugleich "das<br />
ökonomische <strong>und</strong> soziale, das kulturelle <strong>und</strong>.... das politische Leben der Städte in<br />
peniblen Ordnungen, die alle Arbeits- <strong>und</strong> Lebensbereiche umfaßten" organisierten<br />
(Schäfers 2000, 71).<br />
Auch heute läßt sich Segregation an unterschiedlichen Merkmalen festmachen <strong>und</strong><br />
messen:<br />
- sozialstrukturelle Merkmale: Einkommen, Stellung im Beruf, Bildungsstatus;<br />
- demographische Merkmale: Geschlecht, Alter, Haushaltstypus, Stellung im<br />
Lebenszyklus, Nationalität;<br />
- kulturelle Merkmale: Lebensstile, Religion, Ethnizität.<br />
Je nach Fragestellung werden die einen oder anderen Merkmale in den Vordergr<strong>und</strong><br />
gerückt. In der aktuellen Diskussion über die Situation in den Städten in Deutschland<br />
stehen zwei Fragen im Mittelpunkt, auf die in diesem Gutachten deshalb auch besonders<br />
eingegangen werden soll:<br />
1. Segregation wird als Beeinträchtigung des Verfassungsziels der Herstellung gleicher<br />
Lebensverhältnisse, also als mögliche Verletzung sozialer Gerechtigkeitsziele<br />
thematisiert. Zentral sind dafür die Merkmale sozialer Ungleichheit (Armut,<br />
Arbeitslosigkeit, geringe Qualifikation) sowie demographische <strong>und</strong> politische<br />
Faktoren. Segregation wird also als Ausdruck <strong>und</strong> Faktor sozialer Ungleichheit<br />
thematisiert.<br />
2. Segregation wird zum zweiten als Bedingung <strong>und</strong> Ausdruck für gelingende oder<br />
mißlingende <strong>Integration</strong> von Zuwanderern diskutiert. Räumliche Konzentration wird