Soziale Integration und ethnische Schichtung - Schader-Stiftung
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Kommunikation ausgeblendet bleibt, ihren geschützten Ort. Im privaten Bereich<br />
strukturieren nicht Leistung <strong>und</strong> Recht, sondern Vertrauen <strong>und</strong> Liebe die Kontakte. Dort<br />
wird größtmögliche Übereinstimmung <strong>und</strong> Harmonie angestrebt, Differenzen werden<br />
nicht übersehen, sondern ‚ausdiskutiert‘ oder verändert (abgewöhnt). Die Zugehörigkeit<br />
zu solchen Beziehungsnetzen, wie sie Familie, Verwandtschaft oder Fre<strong>und</strong>schaften<br />
darstellen, verlangt daher Anpassung, nicht Gleichgültigkeit. Solche Sozialsysteme sind<br />
nach innen sehr homogen <strong>und</strong> nach außen klar abgegrenzt.<br />
Zentraler Ort des Privaten ist die Wohnung. die informellen Netze von Verwandtschaft,<br />
Fre<strong>und</strong>schaft <strong>und</strong> Bekanntschaft sind im übrigen aber immer weniger lokal geb<strong>und</strong>en.<br />
Da die Qualität der informellen Kontakte vom Grad der Übereinstimmung der<br />
Anschauungen <strong>und</strong> Verhaltensweisen abhängig ist, also auf Homogenität beruht,<br />
dehnen die Menschen ihre Verkehrskreise räumlich immer weiter aus, um so ihre<br />
Optionen zu erweitern. Die Nachbarschaft bietet schlicht zu wenig Auswahl, um<br />
genügend Andere zu finden, die einem ähnlich genug sind, um mit ihnen engere <strong>und</strong><br />
dauerhaftere Beziehungen aufzubauen.<br />
Distanziertes, gleichgültiges Verhalten im öffentlichen Raum, eine weitgehend<br />
individualisierte Privatsphäre in der Wohnung <strong>und</strong> entlokalisierte informelle Netze, die<br />
sich über mehrere Städte erstrecken können, charakterisieren die urbane Lebensweise.<br />
Ihre Träger sind vor allem jüngere Menschen in der Ausbildung <strong>und</strong> in der<br />
Berufseinstiegsphase sowie kinderlose Erwachsene, meist mit höheren Einkommen <strong>und</strong><br />
guter beruflicher Qualifikation. Sie bilden die Gruppe der ,Urbaniten‘. Aber diese<br />
urbane Lebensweise beruht auf weitgehenden Voraussetzungen: Die individualisierte<br />
Lebensweise ist nur möglich in einer Stadtgesellschaft, die systemisch integriert ist:<br />
durch den Arbeitsmarkt, durch den Sozialstaat <strong>und</strong> andere gesellschaftliche<br />
Institutionen.<br />
1.2 Die suburbane Lebensweise<br />
In den Randgebieten der Großstädte <strong>und</strong> in den Vororten wohnen in erster Linie<br />
Familien mit Kindern. Sie sind ökonomisch über wenigstens ein Haushaltsmitglied in<br />
den Arbeitsmarkt integriert <strong>und</strong> verfügen in der Regel über ein überdurchschnittliches<br />
Einkommen. Ihren Lebensmittelpunkt bilden die Wohnung <strong>und</strong> die kleine, im Vergleich<br />
zur Großstadt homogene <strong>und</strong> überschaubare Gemeinde im Umland (vgl. Gans 1974a).<br />
Nachbarschaft <strong>und</strong> nähere Wohnumgebung sind wichtige Aktionsräume vor allem für<br />
die Kinder, aber auch für die Eltern aufgr<strong>und</strong> ihrer in dieser Familienphase<br />
eingeschränkten Mobilität. Man teilt mit den Nachbarn nicht nur die gemeinsame<br />
Wohnumwelt, man ist auch vielfältig aufeinander angewiesen: bei der Betreuung der<br />
Kinder, bei den Freizeitaktivitäten, im Elternbeirat etc. Dementsprechend hoch sind die<br />
Ansprüche an die Nachbarschaft. <strong>Soziale</strong> Homogenität als Vorbedingung<br />
funktionierender informeller sozialer Netze, die die Urbaniten über Mobilität herstellen,<br />
muß hier durch residentielle Segregation, d.h. durch eine soziale Auslese der Nachbarn<br />
gesichert werden. Die Innenstadt wird nur gelegentlich <strong>und</strong> zu bestimmten Zwecken