Soziale Integration und ethnische Schichtung - Schader-Stiftung
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Die Schulen sind für die Aufgabe der <strong>Integration</strong> aber nicht genügend vorbereitet oder<br />
ausgestattet; es gibt keine Ganztagsschulen; die Klassen sind zu groß; es fehlen<br />
entsprechend ausgebildete Lehrer. Konzepte dafür gibt es jedoch inzwischen (vgl.<br />
Auernheimer et al.1996; Fischer et al. 1996).<br />
Schulen könnten auch im Quartier eine zentrale Rolle als Kommunikationszentrum<br />
übernehmen. Schulen sind tatsächlich der Ort, wo sich Einheimische <strong>und</strong> Fremde<br />
begegnen. In der Schule werden Normen <strong>und</strong> Kulturtechniken gelernt, die für<br />
<strong>Integration</strong>sprozesse zentral sind, <strong>und</strong> an dem, was in der Schule passiert, sind alle<br />
Eltern interessiert. Sie könnten auch der Ort sein, an dem die Eltern mit ihren Kindern<br />
die deutsche Sprache lernen – eine der wichtigsten Voraussetzungen für individuelle<br />
<strong>Integration</strong>.<br />
Dies zeigt sich in der Untersuchung über <strong>Integration</strong>skonflikte in Duisburg (Teczan<br />
2000). Eines der zentralen Themen sind schulische Probleme. „Je mehr Kinder aus<br />
Einwandererfamilien sich in einer Sek<strong>und</strong>arschule konzentrieren, um so mehr<br />
entschließen sich deutsche Eltern dazu, ihre Kinder in anderen Schulen unterzubringen.<br />
Die Beliebtheit der Konfessionsschulen resultiert nicht zuletzt aus dieser Tatsache, da<br />
sie ganz wenige Einwandererkinder aufnehmen. Die Schule mit hohem Anteil von<br />
Einwandererkindern geraten in einen Teufelskreis. Da sie von den deutschen Eltern<br />
immer weniger aufgesucht werden, sind sie zur Bestandssicherung immer mehr auf<br />
Einwandererkinder angewiesen. So verlieren sie wiederum immer mehr an Attraktivität,<br />
auch für besserverdienende Einwandererfamilien. Es kann dann dazu kommen, dass die<br />
Schule Probleme damit hat, die nötigen neuen Aufnahmezahlen nachzuweisen“ (Teczan<br />
2000, 420). Der Wegzug der Deutschen, die ihre Kinder aus den Schulen abmelden,<br />
wird auch von den Migranten (!) als großes Problem gesehen, ein Moscheevertreter hat<br />
im Ausländerbeirat ausgerufen: „Liebe Deutsche, bitte laufen Sie nicht weg“ (ebd., 423)<br />
Sie befürchten nicht ohne Gr<strong>und</strong>, daß dann der Stadtteil völlig abgehängt wird.<br />
8.2.5 Der öffentliche Raum<br />
Wir haben zu Anfang die zwei Modi städtischer <strong>Integration</strong> dargelegt: den des urbanen<br />
Individualisten <strong>und</strong> den des „urbanen Dörflers“ als Art <strong>und</strong> Weisen, mit Differenz<br />
umzugehen. In diesem Gutachten haben wir uns vor allem mit dem zweiten beschäftigt,<br />
mit der Einwandererstadt als ein Mosaik <strong>ethnische</strong>r Dörfer, das von den segregierten<br />
Quartieren der Migranten gebildet wird. Aber auch der urbane <strong>Integration</strong>smodus hat<br />
seine Orte: den öffentlichen Raum der Stadt, in dem ihre Heterogenität für jeden<br />
sichtbar wird. Dort kann deshalb jenes distanzierte Verhalten eingeübt werden, das der<br />
Normalität der großen Stadt als dem Ort, an dem Fremde leben, angemessen ist.<br />
Bahnhöfe z.B. sind solche Orte, aber auch zentrale Plätze <strong>und</strong> normale Stadtstraßen. An<br />
diesen Orten kann aber auch die eigene Besonderheit demonstriert <strong>und</strong> für andere<br />
erfahrbar gemacht werden.<br />
Über Jahre hinweg haben linke türkische Gruppen das Erscheinungsbild der türkischen<br />
Minderheit im öffentlichen Raum geprägt. Ihre Demonstrationen zu politischen