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Soziale Integration und ethnische Schichtung - Schader-Stiftung

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(Portes/Sensenbrenner 1993). Ethnische Kolonien sind verläßliche Ressource,<br />

Brückenkopf <strong>und</strong> Basislager für den Aufstieg in die Gesellschaft der Einheimischen,<br />

aber ebenso auch restriktive Kontrolle, Beschränkung von Innovation <strong>und</strong> Falle. Die<br />

von Elwert vertretene These, daß Binnenintegration die <strong>Integration</strong> auch in die<br />

Aufnahmegesellschaft erleichtere, gilt nur solange wie die <strong>ethnische</strong> Kolonie ein<br />

Durchgangsstadium bleibt, also die Funktion der Selbstvergewisserung ineiner<br />

krisenhaften Phase des Übergangs behält <strong>und</strong> nicht umschlägt in eine strukturelle<br />

Isolation von den Institutionen der Mehrheitsgesellschaft – oder anders formuliert:<br />

solange sie auf einer funktionalen, nicht strukturellen Segregation beruht. Die Kolonie<br />

kann also funktional für die <strong>Integration</strong> sein, aber auch dysfunktional. Dies hängt von<br />

der Dauer <strong>und</strong> vom Grad der Freiwilligkeit der Zugehörigkeit zu ihr ab.<br />

Die Gefahr, daß <strong>ethnische</strong> Kolonien sich zu struktureller Segregation verfestigen, ist<br />

nicht nur einer zu mafiosen Strukturen führenden Eigendynamik der Subgesellschaft<br />

von Migranten geschuldet. Entscheidend ist vielmehr die Offenheit der<br />

Mehrheitsgesellschaft. Fijalkowski <strong>und</strong> Gillmeister (1997) haben die Funktion von<br />

<strong>ethnische</strong>n Vereinen unter der Fragestellung, ob es sich dabei um ‚Schleusen oder<br />

Fallen‘ handelt, untersucht <strong>und</strong> kamen zu dem Fazit: es gab viele Anhaltspunkte für die<br />

Schleusenwirkung durch kulturelle Selbst-Versicherung, jedoch keine Anzeichen für<br />

eine Ghetto-Wirkung. „Risiken, daß sich die Eigenorganisationen heterogener<br />

Zuwanderer aus Schleusen in Fallen verwandeln, finden sich am ehesten dort, wo die<br />

Politik der Aufnahmegesellschaft die Inkorporation von Zuwanderereliten in das eigene<br />

Interessenvermittlungssystem versäumt oder behindert, <strong>und</strong> diese Eliten bei der Klientel<br />

auf ein in der Dominanzkultur nicht verwendbares starkes Kulturkapital treffen, das sie<br />

mobilisieren können“ (ebd., 296f).<br />

Ethnische Identifizierungen <strong>und</strong> die Ausbildung eigener Institutionen in ethnisch<br />

basierten Parallelgesellschaften sind fast ausschließlich Reaktionsbildungen auf<br />

versagte Aufstiegsmöglichkeiten in die Gesellschaft der Einheimischen. „Je länger die<br />

ökonomische Mobilität einer Gruppe blockiert wurde durch nicht marktförmige<br />

Zwänge, desto wahrscheinlicher wird eine ‚geb<strong>und</strong>ene Solidarität‘, die die Möglichkeit<br />

der <strong>Integration</strong> über Marktkonkurrenz verneint <strong>und</strong> entsprechende individuelle<br />

Bemühungen zu vermindern sucht“ (Portes/Sensenbrenner 1993, 1344). Man kann auch<br />

von einer ‚reaktiven Ethnizität‘ sprechen, d.h. eine Betonung der <strong>ethnische</strong>n Differenz<br />

als Reaktion auf die erfahrene Ablehnung der eigenen <strong>Integration</strong>sbemühungen durch<br />

die Mehrheitsgesellschaft.

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